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Gleichstellungsordnung

Vom 1. Jänner 2025

ABl. Nr. 257/2024

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Präambel

Die Evangelische Kirche A.B., H.B. und A.u.H.B. in Österreich sieht sich dem Grundsatz der Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Personen verpflichtet, welche die Gemeinschaft der Evangelischen Kirche A.B., H.B. und A.u.H.B. bilden oder an ihr teilhaben, insbesondere den Menschen, welche
  • aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer geschlechtlichen Orientierung,
  • aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse,
  • aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit
diskriminiert werden. Sie setzt sich mit dieser Ordnung zum Ziel, in der Evangelischen Kirche A.B., H.B. und A.u.H.B. in Österreich Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsdefizite aufzuzeigen und zu beseitigen sowie aufgetretene Diskriminierungen einer satzungsgemäßen Behandlung zuzuführen.
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I. Geltungs-/Anwendungsbereich

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§ 1

( 1 ) Dieses Kirchengesetz findet grundsätzlich auf alle Körperschaften nach Art. 13 Abs. 1 der Verfassung der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich, alle evangelisch-kirchlichen Vereine gemäß Art. 69 und Art. 70 (in Folge kurz „Verpflichtete“ genannt) sowie alle Personen, die haupt-, neben- oder ehrenamtlich im Namen und Auftrag der Evangelischen Kirche A.B., H.B. und A.u.H.B. tätig sind, Anwendung. Davon ausgenommen sind kirchliche Werke, evangelisch-kirchliche Gemeinschaften, Stiftungen und Vereine (wie z.B. Einrichtungen der Diakonie), wenn für diese Organisationen eine eigene Gleichstellungsbeauftragte bzw. ein eigener Gleichstellungsbeauftragter besteht.
( 2 ) Von der gegenständlichen Ordnung bleiben die staatlichen Gesetze und EU-rechtlichen Bestimmungen zur Gleichbehandlung unberührt.
( 3 ) Allfällige in Kirchengesetzen, Kirchenverordnungen oder in Synodenbeschlüssen verfasste Bestimmungen gehen den Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsbestimmungen dieser Ordnung vor.
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II. Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsgebot, Diskriminierungsverbot

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§ 2

( 1 ) Die von dem Geltungsbereich dieser Ordnung erfassten Personen stellen sich unter das Gebot der Gleichbehandlung und Gleichstellung innerhalb der Evangelischen Kirche.
( 2 ) Den Personalentscheidungen einschließlich der Stellenausschreibungen und der Stellensuche zu haupt-, neben- und ehrenamtlicher Mitarbeit sind vorrangig fachliche und persönliche Eignungsanforderungen, aber auch kirchlich begründete, personenbezogene Überlegungen zugrunde zu legen. Dabei sind die in dieser Ordnung verankerten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Gleichstellung zu beachten. Zulässig sind Ausnahmen von dem Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsgebot in Bezug auf die Religions- und Konfessionszugehörigkeit bei der Besetzung von Positionen in den Kernbereichen der Evangelischen Kirche.
( 3 ) Schutzbereiche der Gleichstellungsordnung sind insbesondere:
  1. alle Modalitäten bzw. Ausgestaltungen einer haupt-, neben- oder ehrenamtlichen Tätigkeit;
  2. die Umgangs-, Begegnungs- und Kommunikationsformen der für die Kirche handelnden Personen nach innen und nach außen.
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§ 3

( 1 ) Das Diskriminierungsverbot erfasst jede Handlung, welche mit oder ohne benachteiligende Auswirkung auf die betroffene Person das Gebot der Gleichstellung und Gleichbehandlung verletzt.
( 2 ) Eine Diskriminierung ist auch jede sexuelle Belästigung oder jegliche Form des Mobbings. An diesbezüglich wahrgenommene Handlungen knüpft sich für kirchlich verantwortliche Personen die Verpflichtung zur Mitteilung an die jeweils zuständige Ombudsstelle zum Schutz vor Gewalt.
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III. Einrichtungen für die Behandlung von Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsfragen

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Die Gleichstellungskommission

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§ 4

( 1 ) Für die Behandlung von Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsfragen wird die Gleichstellungskommission eingerichtet. Diese besteht, einschließlich der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten, aus fünf bis neun Mitgliedern.
( 2 ) Die Nominierung von mindestens vier bis höchstens acht Mitgliedern erfolgt aus dem Kreis der nachgenannten Organisationen, nämlich der bzw. dem
  • Evangelischen Frauenarbeit,
  • Verein Evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer in Österreich (VEPPÖ),
  • Mitarbeitervertretung gemäß Ordnung der Vertretung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,
  • ARGE der Evangelischen Theologinnen,
  • ARGE Evangelischer Bildungswerke,
  • ARGE Religionslehrer und Religionslehrerinnen an Pflichtschulen,
  • ARGE Religionslehrer und Religionslehrerinnen an höheren Schulen,
  • Verein EvanQueer.
Die nähere Regelung zum Vorschlagsverfahren regelt eine Geschäftsordnung der Gleichstellungskommission, welche zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung durch den Rechts- und Verfassungsausschuss der Generalsynode bedarf.
( 3 ) Die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte wird durch den Oberkirchenrat A.u.H.B. nach eigenständiger Auswahl bestellt.
( 4 ) Die Gleichstellungskommission bestellt aus ihrer Mitte eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden.
( 5 ) Die Bestellung der Mitglieder der Gleichstellungskommission erfolgt für die Zeitdauer der jeweils laufenden Gesetzgebungsperiode der Generalsynode. Im Falle des Ausscheidens eines Mitglieds der Gleichstellungskommission erfolgt die Nachbestellung entsprechend den für die Neubestellung gemäß Abs. 2 und Abs. 3 erfolgten Festlegungen.
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§ 5

( 1 ) Die Mitglieder der Gleichstellungskommission sind weisungsfrei. Die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte übt ihre bzw. seine Tätigkeit im Rahmen einer Teilzeitanstellung aus, die Tätigkeit der Mitglieder der Gleichstellungskommission erfolgt ehrenamtlich.
( 2 ) Die Gleichstellungskommission kann zur Beratung und Erledigung einzelner Aufgaben Expertinnen und Experten beiziehen. Diesen kommt kein Stimmrecht zu.
( 3 ) Die Gleichstellungskommission ist angewiesen, die Ergebnisse ihrer Tätigkeit allen Organisationen, welche mit Gleichstellungs- und/oder Gleichbehandlungsfragen befasst sind, jedenfalls aber den in § 4 Abs. 2 genannten Organisationen, bekanntzugeben und von diesen eingebrachte Anfragen und Anliegen zu bearbeiten.
( 4 ) Der Gleichstellungskommission werden im Bereich des Evangelischen Zentrums in Wien Räumlichkeiten für Sitzungen zur Verfügung gestellt. Sämtliche Kosten für den Sachaufwand der Gleichstellungskommission werden von der Evangelischen Kirche A.u.H.B. getragen.
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Aufgaben der Gleichstellungskommission

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§ 6

( 1 ) Zu den Aufgaben der Gleichstellungskommission zählen insbesondere folgende Tätigkeiten:
  1. Beratung und Informationsaustausch in Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsfragen sowie Setzung von Maßnahmen zur Sensibilisierung für diese Themen;
  2. Beratung und Behandlung der von der bzw. dem Gleichstellungsbeauftragten an die Gleichstellungskommission herangetragenen Problemfälle entsprechend ihrer Zuständigkeit;
  3. Erstellung, allenfalls Veröffentlichung von Berichten, Stellungnahmen und Grundsatzpapieren zu Gleichbehandlungs-, Gleichstellungs- und Diskriminierungsfragen;
  4. Beratung zur Diversität als Ressource und gezielter Einsatz von Menschen entsprechend ihren unterschiedlichen Fähigkeiten für die vielfältigen Aufgaben der Evangelischen Kirchen;
  5. Durchführung von Untersuchungen zum Thema Diskriminierung innerhalb der Evangelischen Kirche;
  6. Einleitung und Durchführung von Verfahren gemäß § 12;
  7. Beschlussfassung einer Geschäftsordnung;
  8. Allgemeine Öffentlichkeitsarbeit;
  9. Kooperation und Kommunikation mit kirchlichen Stellen;
  10. Berichterstattung im Rahmen der Generalsynode;
  11. Ausarbeitung eines Vorschlags für die Kosten für die Tätigkeit der Gleichstellungskommission und der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten.
( 2 ) Die bzw. der Vorsitzende der Gleichstellungskommission hat mindestens zweimal jährlich eine Sitzung einzuberufen.
( 3 ) Die Gleichstellungskommission hat der Generalsynode einen schriftlichen Bericht vorzulegen, und es ist der Vorsitzenden bzw. dem Vorsitzenden der Gleichstellungskommission oder einer Vertreterin bzw. einem Vertreter der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden die Möglichkeit einzuräumen, in der Generalsynode hierüber zu referieren.
( 4 ) Die Gleichstellungskommission ist berechtigt, in Angelegenheiten der Gleichstellung und Gleichbehandlung Anträge an die Synoden A.B. und H.B. sowie an die Generalsynode zu stellen.
( 5 ) Auf ausdrückliches Verlangen des bzw. der Gleichstellungsbeauftragten hat der bzw. die Vorsitzende eine binnen vierzehn Tagen stattfindende außerordentliche Sitzung einzuberufen.
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Anhörungsrecht der Gleichstellungskommission

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§ 7

Die Vorsitzenden der Ausschüsse und Kommissionen der Synoden und der Kirchenpresbyterien A.B., H.B. und A.u.H.B. sind angehalten, bei Beratung von Angelegenheiten, welche Fragen der Gleichstellung und Gleichbehandlung gemäß dieser Ordnung betreffen, Stellungnahmen der Gleichstellungskommission einzuholen.
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Die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte

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§ 8

( 1 ) Die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte wird von der Evangelischen Kirche A.u.H.B. angestellt, wobei sämtliche Kosten für den Arbeits- sowie den Sachaufwand von der Evangelischen Kirche A.u.H.B. getragen werden.
( 2 ) Die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte steht für Anfragen per E-Mail bzw. nach Vereinbarung auch persönlich zur Verfügung.
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Aufgabenbereich der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten

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§ 9

Zu den Aufgaben der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten zählen insbesondere:
  1. Juristische Beratungs- und Vermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsanfragen;
  2. Beratung im Zusammenhang mit einer geltend gemachten Diskriminierung;
  3. Weiterleitung von Beschwerden und Anfragen an die Ombudsstelle zum Schutz vor Gewalt, wenn diese in den Zuständigkeitsbereich der Ombudsstelle zum Schutz vor Gewalt fallen;
  4. Teilnahme an dem zumindest halbjährlich einberufenen Gewaltschutzgremium, bestehend aus den beiden Beauftragten für Gewaltprävention, der Ombudsperson zum Schutz vor Gewalt sowie der bzw. dem Gleichstellungsbeauftragten zur laufenden Abstimmung der jeweiligen Aufgabenbereiche. Die Sitzungen des Gewaltschutzgremiums werden von der bzw. dem Beauftragten für Gewaltprävention der Kirche A.B. einberufen.
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Rechte und Pflichten der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten

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§ 10

( 1 ) Die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte hat im Rahmen ihrer bzw. seiner Tätigkeit ein Auskunftsrecht gegenüber sämtlichen kirchlichen Einrichtungen, wobei eine Einsichtnahme in Personaldokumente nur mit Zustimmung der bzw. des jeweils Betroffenen zulässig ist.
( 2 ) Die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte hat in den Sitzungen der Gleichstellungskommission jeweils Bericht zu erstatten.
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IV. Verschwiegenheit

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§ 11

( 1 ) Die Mitglieder der Gleichstellungskommission sind im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Verpflichtung betrifft nicht nur die Beratungen im Gremium, sondern bezieht sich auf alle personenbezogenen Informationen, von denen die Mitglieder Kenntnis erlangen. Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch über die Beendigung der Tätigkeit hinaus.
( 2 ) Mit Zustimmung der betroffenen Personen kann die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte von der Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Gleichstellungskommission oder gegenüber namentlich genannten Personen entbunden werden.
( 3 ) Berichte der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten werden in anonymisierter Form vorgelegt, ausgenommen bei erfolgter Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht.
( 4 ) Bei Vorliegen eines strafgesetzlich relevanten Tatbestandes hat die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden der Gleichstellungskommission und die zur kirchlichen Aufsicht verpflichtete Person unter Offenlegung der von dem Vorwurf betroffenen Personen unverzüglich zu informieren.
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V. Verfahrensregelungen

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§ 12

( 1 ) Allgemeine Anfragen in Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsfragen sind an die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden der Gleichstellungskommission zu richten, konkrete Anfragen und Beschwerden an die Gleichstellungsbeauftragte bzw. den Gleichstellungsbeauftragten.
( 2 ) Kann die Erledigung von konkreten Anfragen und Beschwerden unmittelbar durch die Gleichstellungsbeauftragte bzw. den Gleichstellungsbeauftragten erfolgen, so hat diese bzw. dieser ein Erledigungsprotokoll zu erstellen und der Gleichstellungskommission im Rahmen der Sitzungen zu berichten.
( 3 ) Ist eine Erledigung ohne Beratung mit der Gleichstellungskommission nicht möglich, kann die bzw. der Gleichstellungsbeauftragte in dringenden Fällen die Einberufung einer Sitzung der Gleichstellungskommission beantragen oder die Beschwerde im Rahmen der nächsten ordentlichen Sitzung diesem Gremium vorlegen.
( 4 ) Zielsetzung für die Tätigkeit der bzw. des Gleichstellungsbeauftragten ist die Unterstützung bei der Konfliktlösung unter Aufzeigen der aus dieser Ordnung abgeleiteten Antidiskriminierungspositionen.
( 5 ) Kann eine Erledigung der Angelegenheit nicht herbeigeführt werden bzw. werden die vorgelegten Lösungsvorschläge von den betroffenen Personen nicht akzeptiert, ist der Fall abzuschließen bzw. zurückzulegen, es sei denn, die betroffene Person verlangt die Weiterleitung an die in der jeweiligen Angelegenheit zuständige Kirchenstelle.
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VI. Übergangsbestimmungen

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§ 13

( 1 ) Die gegenständliche Gleichstellungsordnung tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Gleichstellungsordnung ABl. Nr. 218/2018 außer Kraft.
( 2 ) Mitglieder der Gleichstellungskommission, die nach den Bestimmungen der Gleichstellungsordnung ABl. Nr. 218/2018 in diese Funktion gewählt wurden, behalten ihre Funktion.