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Kirchengesetz zum Schutz der Seelsorge

Vom 1. Juli 2022

ABl. Nr. 85/2022

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I. Grundsätze

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§ 1
Regelungsbereich

Dieses Kirchengesetz dient dem Schutz der Seelsorge, die in der Verantwortung der Evangelischen Kirche A.B. und der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich ausgeübt wird, sowie der Wahrung des Seelsorgegeheimnisses. Dieses Kirchengesetz soll damit auch zur Klärung des Begriffs der Seelsorge im staatlichen Recht beitragen, insbesondere im Bereich des Verwaltungs-, Abgaben-, Zivil-, Straf- und Datenschutzrechtes.
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§ 2
Schutz des Seelsorgegeheimnisses

( 1 ) Seelsorge im Sinne dieses Gesetzes ist aus dem christlichen Glauben motivierte und im Bewusstsein der Gegenwart Gottes vollzogene Zuwendung. In der Seelsorge kann Schuld bekannt und im Namen des dreieinigen Gottes vergeben werden (Beichte). Seelsorge gilt dem einzelnen Menschen, der Rat, Beistand und Trost in Lebens- und Glaubensfragen in Anspruch nimmt, unabhängig von dessen Religions- bzw. Konfessionszugehörigkeit.
( 2 ) Unbeschadet des Auftrags aller Getauften, Seelsorge zu üben, betrauen die Evangelische Kirche A.B. und die Evangelische Kirche H.B. einzelne Mitglieder mit einem besonderen Auftrag zur Seelsorge.
( 3 ) Unter einem Seelsorgegespräch ist ein vertrauliches Gespräch zwischen Personen zu verstehen, von denen mindestens eine Person einen besonderen Auftrag zur Seelsorge gemäß § 3 erhalten hat, und welches Seelsorge gemäß Abs. 1 beinhaltet. Seelsorgegespräche sind aufgrund ihrer seelsorgerlichen Dimension durch dieses Kirchengesetz unbedingt auf Dauer als vertraulich anzuerkennen.
( 4 ) Jede Person, die sich in einem Seelsorgegespräch (Abs. 3) einem Seelsorger oder einer Seelsorgerin anvertraut, muss darauf vertrauen können, dass daraus keine Inhalte Dritten bekannt werden. Der Begriff „Seelsorgegeheimnis“ umfasst sohin das Beichtgeheimnis (im Rahmen der förmlichen Beichte), die seelsorgerliche Verschwiegenheitspflicht und die geistliche Amtsverschwiegenheit. In jeder dieser Formen ist das Seelsorgegeheimnis unverbrüchlich und auf Dauer zu wahren.
( 5 ) Das Seelsorgegeheimnis (Abs. 4) auf Dauer zu wahren, ist Pflicht aller Seelsorger und Seelsorgerinnen, aller Getauften und aller kirchlichen Stellen. Es gehört sowohl für geistliche Amtsträger und Amtsträgerinnen gemäß § 45 Ordnung des geistlichen Amtes (OdgA) als auch für alle weiteren zur Seelsorge im Sinne dieses Gesetzes Beauftragten in öffentlich-kirchlichen Diensten gemäß Art. 20 Abs. 4 der Kirchenverfassung (KV) zu den dienstlichen Pflichten. Dies gilt ohne Einschränkung auch für beauftragte ehrenamtliche Seelsorger und Seelsorgerinnen. Die genannten Personen sind über die Zeit der Dienstverpflichtung oder des beauftragten ehrenamtlichen Dienstes hinaus zeitlich unbefristet zur Wahrung des Seelsorgegeheimnisses (Abs. 4) verpflichtet.
( 6 ) Alle jene, die im Sinne dieses Kirchengesetzes die Verpflichtung zur Wahrung des Seelsorgegeheimnisses trifft, haben sich in Ansehung von Seelsorgegesprächen (Abs. 2, 3) gegenüber allen Gerichten, Behörden sowie Einrichtungen, Organen der öffentlichen Sicherheit sowie öffentlichen Stellen auf ihre kirchliche Verpflichtung zur Wahrung des Seelsorgegeheimnisses (Abs. 4, 5) zu berufen und diesbezüglich jede Aussage zu verweigern.
( 7 ) Das Seelsorgegeheimnis (Abs. 4, 5) ist auch ansonsten gegenüber Dritten sowie kirchlichen Organen und Stellen gegenüber zu wahren. Dies gilt auch für Verfahren nach der Disziplinarordnung der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich.
( 8 ) Von der Kirche beauftragte haupt- und nebenberufliche sowie ehrenamtliche Anstaltsseelsorger und Anstaltsseelsorgerinnen haben das Seelsorgegeheimnis zu wahren und sind nicht berechtigt, den Inhalt vertraulicher, insbesondere auch auf Grundlage der § 11 Anhalteordnung, BGBl. II Nr. 128/1999 idgF, der Bestimmung der Krankenanstaltengesetze der Länder (auf Grund § 5a Abs. 1 Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, BGBl. 1/1957 idgF) und § 85 Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 idgF, geführter Gespräche staatlichen Behörden zu melden. Der Umstand, dass Seelsorgegespräche (Abs. 2, 3) geführt wurden und werden, kann offengelegt werden, wenn eine staatliche gesetzliche Verpflichtung dazu besteht. Dies gilt sinngemäß für Seelsorgegespräche (Abs. 2, 3) in öffentlichen Schulen.
( 9 ) Eine Entbindung vom Seelsorgegeheimnis (Abs. 4, 5) ist nicht möglich. Eine ausgesprochene Entbindung vom Seelsorgegeheimnis, auch von der Person, die um das Seelsorgegespräch ersuchte, ist unwirksam.
( 10 ) Wird von der Person, die um das Seelsorgegespräch ersuchte, teilweise oder zur Gänze der Inhalt des Seelsorgegespräches offengelegt, bleibt dennoch für den Seelsorger oder die Seelsorgerin das Seelsorgegeheimnis (Abs. 4) aufrecht.
( 11 ) Seelsorge ist für die Person, die sie in Anspruch nimmt, immer unentgeltlich.
( 12 ) Die Regelungen der Abs. 3 bis 11 gelten für den Sonderfall, dass ein Getaufter oder eine Getaufte auch ohne Auftrag gemäß § 3 über Ersuchen eines oder einer Dritten um Seelsorge (Abs. 1) ein Seelsorgegespräch (Abs. 1, 3) mit dieser Person führt. Das Seelsorgegeheimnis (§ 4) ist auch in diesen Fällen unbefristet zu wahren. Für den Rechtsschutz (Art. 12 Abs. 4 KV) in diesen Sonderfällen gilt die abweichende Regelung des § 7 Abs. 3 zweiter Satz.
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II. Der Dienst in der Seelsorge

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§ 3
Besonderer Auftrag zur Seelsorge

( 1 ) Gemäß der Ordnung des geistlichen Amtes (OdgA) sind mit der Seelsorge besonders alle geistlichen Amtsträger und Amtsträgerinnen sowie die in der Ausbildung zum geistlichen Amt befindlichen Personen beauftragt.
(2)
  1. Weitere Personen können von Pfarrgemeinden, Gemeindeverbänden, Superintendenzen A.B. oder einer der beiden Gesamtkirchen (A.B. oder H.B.) in Österreich nach Maßgabe dieses Gesetzes ehren-, neben- oder hauptamtlich mit einem bestimmten Seelsorgeauftrag, welcher schriftlich zu dokumentieren ist, zeitlich befristet ausgestattet werden.
  2. Nach Absolvierung einer für den jeweiligen Seelsorgeauftrag entsprechenden Ausbildung (§ 5) können gemäß lit. a zur Seelsorge beauftragt werden: Lektoren und Lektorinnen der Evangelischen Kirche A.B. (§ 2 Abs. 2 Lektorenordnung), Gemeindepädagogen und Gemeindepädagoginnen, Jugendreferenten und Jugendreferentinnen, Religionslehrpersonen, Kirchenmusiker und Kirchenmusikerinnen, Diakone und Diakoninnen (im Bereich der Kirche A.B.) sowie in einzelnen Arbeitsbereichen der Gesamtkirchen (A.B., H.B.) sowie der Landeskirche (A.u.H.B.) tätige Personen, wie im Bereich von Schulen, Krankenanstalten, Alten- und Pflegeheimen, Justizanstalten, Polizei-, Militär-, Rettungswesen (Notfälle), aber auch betreffend Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Studierenden, Urlaubenden, Mischehen, Verunfallten, Asylwerbern und Asylwerberinnen, Traumatisierten oder im Bereich der Telefon- oder E-Mail-Seelsorge sowie Mitarbeitende in diesen Arbeitszweigen im Bereich von Pfarrgemeinden.
  3. Die Bestellung zu ehren-, neben- oder hauptamtlichen Seelsorgern und Seelsorgerinnen gemäß lit. a erfolgt bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 4 im Bereich der Kirche A.B. sowie der Kirche A.u.H.B. auf die Dauer der einheitlich festgelegten Amtsperiode (Funktionsperiode) der Gemeindevertretungen bzw. der Presbyterien zuzüglich eines halben Jahres (Amtszeit des Seelsorgers bzw. der Seelsorgerin gemäß lit. a), im Bereich der Kirche H.B. erfolgt die Bestellung auf die Amtszeit der jeweiligen Gemeindevertretung bzw. des Presbyteriums der betreffenden Pfarrgemeinde zuzüglich eines halben Jahres. Eine Wiederbestellung ist stets möglich.
  4. Die mit der Seelsorge beauftragten Personen gemäß lit. a sind bei ihrer erstmaligen Beauftragung in einem Gemeindegottesdienst unter Gebet und Handauflegung durch den Pfarrer oder die Pfarrerin in ihr Amt einzuführen.
  5. Im Bereich von Werken, evangelisch-kirchlichen Gemeinschaften, evangelisch-kirchlichen Vereinen sowie Einrichtungen der Diakonie Österreich können weitere Personen nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes mit Zustimmung des zuständigen Superintendenten bzw. der zuständigen Superintendentin bzw. des Landessuperintendenten bzw. der Landessuperintendentin nach entsprechender Ausbildung (§ 5) mit Seelsorge beauftragt werden. Die Regelungen gemäß lit. a bis d gelten sinngemäß.
( 3 ) Neben den in Abs. 1 genannten geistlichen Amtsträgern und Amtsträgerinnen gelten auch die nach Abs. 2 mit einem bestimmten Seelsorgeauftrag ausgestatteten Personen als Geistliche im Sinne der einschlägigen staatlichen Gesetze (bspw. §§ 155 Abs. 1 StPO, 320 Z 2 ZPO, 48 Z 2 AVG 1991, 170 Z 2 BAO, 103 lit. b FinStrG).
( 4 ) Nicht betroffen vom Erlöschen der Rechte und Pflichten geistlicher Amtsträger und Amtsträgerinnen sowie ehren-, neben- oder hauptamtlich mit einem bestimmten Seelsorgeauftrag ausgestatteter Personen ist die Wahrung des Seelsorgegeheimnisses, welches auf Dauer gilt.
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§ 4
Voraussetzungen für die Erteilung eines bestimmten Seelsorgeauftrags

( 1 ) Einen bestimmten Seelsorgeauftrag nach § 3 Abs. 2 kann erhalten, wer
  1. nach Maßgabe des § 5 eine Ausbildung für Personen mit einem bestimmten Seelsorgeauftrag erfolgreich abgeschlossen hat,
  2. sich persönlich und fachlich als geeignet erweist und
  3. die Gewähr dafür bietet, dass er oder sie das Seelsorgegeheimnis wahrt.
( 2 ) Die Erteilung eines bestimmten Seelsorgeauftrags gemäß § 3 Abs. 2 bedarf der Schriftform, erfolgt durch die zuständige beauftragende Stelle als öffentlich-kirchlicher Dienst gemäß Art. 20 Abs. 1 KV und ist an die zugehörige Superintendentur bzw. an den Oberkirchenrat H.B. zu melden. In den Superintendenturen A.B. bzw. der Kirchenkanzlei H.B. sind entsprechende Verzeichnisse zu führen. Zuständig ist jene Superintendentur, in deren Superintendenz die beauftragende Stelle ihren Sitz hat.
( 3 ) Personen, denen gemäß § 3 Abs. 2 ein bestimmter Seelsorgeauftrag erteilt wird, sind besonders auf das Seelsorgegeheimnis zu verpflichten. Dies ist schriftlich zu dokumentieren.
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§ 5
Ausbildung

( 1 ) Die Evangelische Kirche A.u.H.B. in Österreich trägt dafür Sorge, dass die Ausbildung zur Seelsorge nach vergleichbaren Standards erfolgt. Die Ausbildung umfasst
  1. theologische Grundlagen,
  2. Grundlagen der Psychologie,
  3. Fertigkeiten der Gesprächsführung,
  4. rechtliche Grundlagen der Ausübung der Seelsorge.
( 2 ) Näheres, unter anderem die Anrechnung bereits absolvierter Ausbildungsteile wie zum Beispiel bei in anerkannten Ausbildungseinrichtungen ausgebildeten Gemeindepädagogen und Gemeindepädagoginnen oder Jugendreferenten und Jugendreferentinnen, sowie die allfällige Nachsicht einer Ausbildung (§ 4 Abs. 1 lit. a, regelt die Evangelische Kirche A.u.H.B. in Österreich bzw. die Evangelische Kirche A.B. bzw. die Evangelische Kirche H.B. für ihren jeweiligen Bereich mittels Verordnung durch den zuständigen Oberkirchenrat, nach vorheriger Anhörung des zuständigen Theologischen Ausschusses der Generalsynode bzw. der Synode.
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§ 6
Wahrnehmung des bestimmten Seelsorgeauftrags

( 1 ) Personen, denen gemäß § 3 Abs. 2 ein bestimmter Seelsorgeauftrag erteilt worden ist, sind in Ausübung dieses Dienstes unabhängig und im Einzelfall keinen Weisungen unterworfen. Sie sind zur uneingeschränkten Wahrung des Seelsorgegeheimnisses verpflichtet.
( 2 ) Sie sind bei der Ausübung dieses Dienstes an die Heilige Schrift und Bekenntnis sowie die kirchliche Ordnung gebunden.
( 3 ) Sie unterliegen der Aufsicht einer von der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich bestimmten zuständigen Stelle. Das Seelsorgegeheimnis darf durch die Ausübung der Aufsicht nicht berührt werden.
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§ 7
Schutz und Begleitung der Seelsorger und Seelsorgerinnen

( 1 ) Seelsorger und Seelsorgerinnen sowie jedwede seelsorgerliche Tätigkeit stehen unabhängig von der Art ihres Auftrags oder ihres Dienstverhältnisses unter dem besonderen Schutz und der besonderen Fürsorge der Kirche. Das Seelsorgegeheimnis (§ 2 Abs. 4) zu schützen, ist Aufgabe der Kirche.
( 2 ) Die Evangelische Kirche A.u.H.B. in Österreich oder eine von ihr bestimmte zuständige Stelle sorgt für eine angemessene Begleitung und Fortbildung der Seelsorger und Seelsorgerinnen.
( 3 ) Werden Seelsorger und Seelsorgerinnen wegen der Ausübung der Seelsorge und/oder der Wahrung des Seelsorgegeheimnisses im Sinne dieses Kirchengesetzes gerichtlichen oder behördlichen Verfahren ausgesetzt, ist ihnen durch die jeweilige Gesamtkirche bzw. die Landeskirche Rechtsschutz zu gewähren (Art. 12 Abs. 4 KV). Getauften der Evangelischen Kirchen A.B. und H.B., die ausnahmsweise an anderen Seelsorge übten (§ 2 Abs. 12), kann von der jeweiligen Gesamtkirche oder der Landeskirche Rechtsschutz gewährt werden, wenn das diesbezügliche seelsorgerliche Gespräch (unter Wahrung der Verschwiegenheit) von der getauften Person, die Seelsorge an dem oder der anderen übte, und/oder von der Person, die um das seelsorgerliche Gespräch ersuchte, als Seelsorgegespräch (§ 2 Abs. 1 und 3) glaubhaft gemacht wird.
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§ 8
Widerruf des Seelsorgeauftrags

Der gemäß § 3 Abs. 2 erteilte Seelsorgeauftrag ist von der Stelle, die ihn erteilt hat, zu widerrufen, wenn seine Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, oder wenn der Seelsorger oder die Seelsorgerin erheblich gegen ihm oder ihr obliegende Pflichten verstößt, oder er oder sie nicht mehr in der Lage ist, dem Seelsorgeauftrag ordnungsgemäß nachzukommen. Vor Ausspruch des Widerrufes des Seelsorgeauftrages ist die vom Widerruf betroffene Person sowie der zuständige Superintendent bzw. die zuständige Superintendentin bzw. der Landessuperintendent bzw. die Landessuperintendentin zu hören. Ist die widerrufende Stelle ein Superintendentialausschuss A.B., ist der Oberkirchenrat A.B. vorher zu hören. Die Verpflichtung zur Wahrung des Seelsorgegeheimnisses bleibt trotz eines Widerrufs aufrecht und gilt auch über eine Beauftragung hinaus.
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III. Äußerer Schutz des Seelsorgegeheimnisses

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§ 9
Seelsorge in gewidmeten Räumen

( 1 ) Räume können speziell für die Wahrnehmung von Seelsorge gewidmet werden. Die Widmung richtet sich nach den Vorschriften der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich oder einer von ihr bestimmten zuständigen Stelle. Unabhängig davon gelten gottesdienstliche Räumlichkeiten (Kirchen), Sakristeien, Mitarbeiterbesprechungsräume in Pfarrgemeinden, Superintendenzen, Kirchenamt, Kirchenkanzlei, Werken, evangelisch-kirchlichen Gemeinschaften, evangelisch-kirchlichen Vereinen und sonstigen Einrichtungen sowie Arbeitszimmer (auch in Wohnungen) von geistlichen Amtsträgern und Amtsträgerinnen für die Wahrung von Seelsorge gewidmete Räumlichkeiten.
( 2 ) Räumlichkeiten, die gemäß Abs. 1 der Seelsorge dienen oder die sonst regelmäßig von einem Seelsorger oder einer Seelsorgerin (§ 3) für Seelsorgegespräche verwendet werden, dürfen weder optisch noch akustisch überwacht werden. Letztgenanntes gilt nicht für die ständige optische Überwachung von gottesdienstlichen Räumlichkeiten (Kirchen) und dergleichen zum generellen Schutz von Personen und Veranstaltungen (jeweils mit der notwendigen innerkirchlichen und allenfalls staatlichen Bewilligung). Allerdings sind die optischen Aufzeichnungen über Seelsorgegespräche (inkl. Betreten und Verlassen der Räumlichkeiten) unmittelbar danach zu löschen und die Löschung zu dokumentieren.
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§ 10
Verbot der Überwachung von Seelsorge

( 1 ) Seelsorgegespräche dürfen im Falle einer Überwachung durch Videokameras oder andere Datenträger weder aufgezeichnet noch gespeichert werden. Die Regelung des § 9 Abs. 2 letzter Satz gilt sinngemäß.
( 2 ) Seelsorgegespräche sind so zu führen, dass sie für andere Personen nicht hörbar und optisch nicht einsehbar sind.
( 3 ) Abweichend von Abs. 2 kann ausnahmsweise ein Seelsorgegespräch durch andere optisch einsehbar geführt werden, wenn dies in bestimmten Anstalten gesetzlich angeordnet ist (wie beispielsweise Justizanstalten) oder aus medizinischen oder pflegerischen Gründen oder zum sonstigen Schutz von Personen, insbesondere minderjährigen Personen, geboten ist. In all diesen Fällen ist vor Beginn des Seelsorgegespräches von dem Seelsorger bzw. der Seelsorgerin darauf hinzuweisen. Eine akustische Aufnahme des Seelsorgegespräches ist stets untersagt.
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§ 11
Seelsorge mit technischen Kommunikationsmitteln

( 1 ) Soweit Seelsorge mit technischen Kommunikationsmitteln ausgeübt wird, haben die jeweilige kirchliche Dienststelle oder Einrichtung und die in der Seelsorge tätige Person dafür Sorge zu tragen, dass die Vertraulichkeit und der Datenschutz gewahrt bleiben.
( 2 ) Bei Seelsorgegesprächen in digitaler Form (zum Beispiel Videokonferenzen) und/oder in Form von Telefongesprächen ist seitens des Seelsorgers oder der Seelsorgerin sicherzustellen, dass Dritte diese Seelsorgegespräche nicht mithören oder sonst mitverfolgen können.
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§ 12
Umgang mit Seelsorgedaten

( 1 ) Beim Umgang mit personenbezogenen Daten im Rahmen der Seelsorge ist sicherzustellen, dass kirchliche und staatliche Bestimmungen zum Schutz des Seelsorgegeheimnisses und die Anforderungen des innerkirchlichen und staatlichen Datenschutzrechts beachtet werden.
( 2 ) Auskunftsbegehren im Sinne der datenschutzrechtlichen Bestimmungen betreffend Seelsorgegespräche (§ 2 Abs. 3) darf in keinem Fall entsprochen werden, ausgenommen der Hinweis an jene Person, die das Seelsorgegespräch in Anspruch nahm, dass Informationen über das Seelsorgegespräch elektronisch verwahrt sind.
( 3 ) Aufzeichnungen über Inhalt und Umfang der Seelsorge dürfen im Wege der Ausübung der datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte von der für Datenschutz zuständigen Aufsichtsbehörde nicht angefordert werden, sondern nur an jene Personen im Umfang des Abs. 2 beauskunftet werden, die das Seelsorgegespräch selbst in Anspruch genommen hat. Diese Regelung gilt auch gegenüber sämtlichen Gerichten und staatlichen Behörden und Stellen.
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IV. Schlussbestimmungen

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§ 13
Übergangsregelung

( 1 ) Seelsorgeaufträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits erteilt worden sind, bleiben für die Dauer der derzeitigen Funktionsperioden der Gemeindevertretungen bzw. Presbyterien (§ 3 Abs. 2 lit. c) bestehen.
( 2 ) Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in der Seelsorge tätig sind, ohne über eine entsprechende Ausbildung gemäß § 5 zu verfügen, kann für neue Amtsperioden (Funktionsperioden der Gemeindevertretung) ein Seelsorgeauftrag gemäß § 3 Abs. 2 mit Zustimmung des zuständigen Superintendenten bzw. der zuständigen Superintendentin bzw. des Landessuperintendenten bzw. der Landessuperintendentin erteilt werden, ohne dass diese Personen eine Ausbildung gemäß § 5 nachholen müssen.
( 3 ) Seelsorgeaufträge, die gemäß Abs. 1 weiterbestehen, sind schriftlich zu dokumentieren, und die beauftragten Seelsorger und Seelsorgerinnen sind bis 31. Dezember 2022 der zuständigen Superintendentur A.B. bzw. der Kirchenkanzlei H.B. schriftlich zu melden.
( 4 ) Für Seelsorgegespräche im Sinne dieses Kirchengesetzes, die vor Inkrafttreten dieses Kirchengesetzes geführt wurden, gilt die Verpflichtung zur Wahrung des Seelsorgegeheimnisses gemäß den Bestimmungen dieses Kirchengesetzes sowie die Regelung des § 12.
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§ 14
Inkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Juli 2022 in Kraft.