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Verhaltenskodex:
Respektvoller Umgang am Arbeitsplatz
und Schutz vor Gewalt

Vom 7. August 2023

ABl. Nr. 106/2023

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Der nachstehende Verhaltenskodex unter dem Titel „Respektvoller Umgang am Arbeitsplatz und Schutz vor Gewalt“ bildet einen Bestandteil aller bestehenden und zukünftigen Dienstverträge, alle bereits Angestellten sind in geeigneter Weise davon zu informieren. Ebenso hat dieser Verhaltenskodex für alle ehrenamtlich Mitarbeitenden Geltung.
Der bisher geltende und im Amtsblatt verlautbarte Verhaltenskodex wurde von der Gleichstellungskommission der Evangelischen Kirchen A.B., H.B. und A.u.H.B. erarbeitet, in der Folge vom Rechts- und Verfassungsausschuss der Generalsynode, von der Vertretung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (nach OdVM) sowie vom Oberkirchenrat A.u.H.B. befürwortet und beschlossen. Die Erweiterung des Textes um den Aspekt „Schutz vor Gewalt“ wurde im Zuge der Erstellung der „Rahmenrichtlinie zum Schutz vor Gewalt“ veranlasst.
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Vorwort

Die Evangelischen Kirchen A.B., H.B. und A.u.H.B. in allen ihren Gliederungen leiten als Arbeitgeberinnen ihre Leitlinien für das Alltagsverhalten aus christlichen Grundprinzipien ab. Diese sind vor allem die Achtung der Menschenwürde, die Wertschätzung jedes einzelnen Menschen und eine offene Kommunikation. Ziel ist ein Arbeitsklima, das von hoher gegenseitiger Wertschätzung, durchgängiger Information und partnerschaftlichem Verhalten am Arbeitsplatz geprägt ist.
In Bezug auf Schutz vor Gewalt jeglicher Art sehen sich die Körperschaften nach Art. 13 Abs. 1 der Verfassung der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich, alle evangelisch-kirchlichen Vereine gemäß Art. 69 und 70 (in Folge kurz „Verpflichtete“ genannt) sowie alle Personen, die haupt- oder ehrenamtlich im Namen und Auftrag der Evangelischen Kirchen A.B., H.B. und A.u.H.B. tätig sind, allen Personen verpflichtet, welche die Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen bilden oder an ihr teilhaben. Sie setzen sich mit dieser Rahmenrichtlinie zum Ziel, die Anwendung von Gewalt jeglicher Art zu verhindern. Aufgetretene Gewaltanwendung soll aufgezeigt und einer Behandlung gemäß der Rahmenrichtlinie gegen Gewalt zugeführt werden. Sie verpflichten sich auf allen Ebenen ein partnerschaftliches und wertschätzendes Klima zu fördern, indem alles unterbunden wird, was unnötige dauerhafte Belastungen bewirkt.
Betroffene sollen durch diese Vereinbarung geschützt und ermutigt werden, Verhalten, das diesen christlichen Grundprinzipien widerspricht, zu benennen und dazu beizutragen, solches Verhalten zu stoppen. Eine offene und konstruktive Benennung und Auseinandersetzung mit Fehlverhalten werden als bestes Mittel gegen respektlosen Umgang, Mobbing und Gewalt in den unterschiedlichen Ausprägungen angesehen.
Achtsamkeit sich selbst und anderen gegenüber gilt für alle Beteiligten: Verantwortliche in Leitungsfunktionen, haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende, Gemeindemitglieder, Klientinnen und Klienten, Besucherinnen und Besucher, Jugendliche und Kinder.
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Grundsätze

Zur Zielsetzung der Verpflichteten gehört es, Rahmenbedingungen zu schaffen und aufrecht zu erhalten, durch welche Übergriffe, Diskriminierung, Mobbing und jegliche Art von Gewalt verhindert werden können.
Von den Verpflichteten wird verlangt, dass sie zu einem Arbeitsklima beitragen, das von Teamgeist, gegenseitigem Verständnis und Respekt geprägt ist. Hierzu gehört vor allem, die Würde der bzw. des anderen zu achten und alles zu unterlassen, was die bzw. den anderen verletzen würde.
Es wird von allen haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden erwartet, dass sowohl ihr persönliches als auch ihr berufliches Auftreten stets diesen Anforderungen entspricht.
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Verhaltenskodex

Allen haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden obliegt es, oben genannte Grundsätze einzuhalten und die Würde jeder und jedes Einzelnen zu achten. Jeder Übergriff, Machtmissbrauch, jede Diskriminierung, Mobbing und jegliche Art von Gewalt stellt eine (Dienst-)Pflichtverletzung dar und zieht arbeitsrechtliche und bei strafrechtlicher Relevanz auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich.
Haben haupt- oder ehrenamtlich Mitarbeitende Grund zur Annahme, dass einer der oben genannten Tatbestände vorliegt, ist dies sofort an zuständiger Stelle (Vorgesetzte bzw. Vorgesetzter, Mitarbeitervertretung, Gleichstellungsbeauftragte, Ombudsstelle für Schutz vor Gewalt) zu melden. Diese Meldepflicht gilt nicht für Mitteilungen im Zuge von seelsorgerlicher Verschwiegenheit und Beichtgeheimnis. In Absprache mit der bzw. dem Betroffenen werden weitere Schritte überlegt und eingeleitet – in (Verdachts-)Fällen von Gewalt kommen die Bestimmungen der „Rahmenrichtlinie zum Schutz vor Gewalt“ zu tragen.
Vertraulichkeit:
Bei (Verdachts-)Fällen auf Gewalt ist zum Schutz aller Beteiligten mit einem hohen Maß an Vertraulichkeit zu agieren.
Bei Verstößen gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie ist über alle Informationen und Vorkommnisse, persönliche Daten und Gespräche absolutes Stillschweigen gegenüber Dritten zu bewahren. Durch ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Betroffenen können Daten usw. an namentlich benannte Personen freigegeben werden.
Interventionspflicht – Beschwerderecht:
Vorgesetzte sind verpflichtet bei Verdacht von Übergriffen, Diskriminierung, Mobbing oder jeglicher Art von Gewalt einzuschreiten und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Betroffene können sich an folgende Stellen wenden:
  • Gleichstellungsbeauftragte, wenn es um Diskriminierung, Ungleichbehandlung, Mobbing etc. geht;
  • Ombudsstelle zum Schutz vor Gewalt für jeglichen (Verdachts-)Fall von Gewalt;
  • Weißer Ring – vor allem zur Klärung von Unterstützungsleistungen für Opfer von Gewalt.
In der „Rahmenrichtlinie zum Schutz vor Gewalt in den Evangelischen Kirchen A.B., H.B. und A.u.H.B. in Österreich“ (Gewaltschutzrichtlinie) ist angeführt, in welchen (Verdachts-)Fällen von Gewalt und in welcher Form die Ombudsstelle verpflichtend zu kontaktieren ist, und in welchen Fällen die Bearbeitung der (Verdachts-)Fälle im Rahmen der eigenen Organisationsstruktur ausreichend ist.
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Begriffsbestimmungen

1. Übergriff
Ein Übergriff liegt vor, wenn gegenüber gleichgestellten, gegenüber abhängigen oder auch übergeordneten Menschen physische körperliche Gewalt, psychischer Druck, gefährliche Drohung oder Nötigung angewendet wird und diese Maßnahme nicht dem Schutz der eigenen Person oder dem Schutz anderer Personen gilt.
2. Machtmissbrauch
Machtmissbrauch liegt dann vor, wenn vorsätzlich Befugnisse aus einem Abhängigkeits- oder Autoritätsverhältnis durch Handlungen oder Aussprechen von Drohungen missbraucht werden, sodass dem anderen eine freie Willensentscheidung nicht mehr möglich ist.
3. Mobbing
Unter Mobbing versteht man eine konfliktbelastete Kommunikation unter Mitarbeitenden oder unter Mitarbeitenden und Vorgesetzten, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt, sie direkt oder indirekt auszugrenzen, direkt oder indirekt angegriffen wird, wie beispielsweise das absichtliche Zurückhalten von arbeitsnotwendigen Informationen, verletzende Behandlung, Aggression oder Beschimpfung.
4. Diskriminierung
Diskriminierung ist jede Art von Benachteiligung, Nichtbeachtung, Ausschluss oder Ungleichbehandlung von einzelnen Menschen oder Gruppen auf Grund ihres Geschlechtes, ihrer Religion, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer sexuellen Ausrichtung, ihres Alters oder einer Behinderung.
5. Körperliche Gewalt
Körperliche Gewalt ist jede körperlich schädigende Einwirkung auf andere: Schlagen, An-den-Haaren-Reißen, An-den-Ohren-Ziehen, Schütteln, Stoßen, Verbrennen etc., aber auch das Unterlassen von Hilfeleistung bei Verletzungen oder Erkrankungen, das Herbeiführen von Krankheiten und anderes. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass jede Form von körperlicher Gewalt auch emotionale Auswirkungen hat.
6. Emotionale/psychische Gewalt
Zu emotionaler/psychischer Gewalt gehören Verhaltensweisen, die anderen Ablehnung, Herabsetzung oder Minderwertigkeit vermitteln, sowie Beschimpfung, Einschüchterung, Erniedrigung, Isolierung oder Ausschließen aus einer Gruppe, rassistische Äußerungen, Äußerungen gegen Minderheiten, seelisches Quälen, emotionales/psychisches Erpressen, absichtliches Angstmachen, Aufbürden unangemessener Erwartungen, Stalking, obsessives Kontrollieren. Bei Kindern, Jugendlichen und schutzbedürftigen Erwachsenen umfasst emotionale/psychische Gewalt auch das Vorenthalten einer Umgebung, die dem persönlichen Bedarf einer guten Entwicklung entspricht und dem Alter oder Entwicklungsstand angemessen ist.
Geistlicher Machtmissbrauch ist eine Form emotionaler Gewalt, bei der mittels religiöser Inhalte Druck auf Menschen ausgeübt wird oder Personen ihre Position als geistliche Autorität ausnützen, um andere Menschen in negativer Art und Weise zu beeinflussen. Durch Angst, Drohung, Vermittlung eines negativen Gottesbildes oder eines negativen Menschenbildes wird auf Menschen eingewirkt oder Personen maßen sich an, den Willen Gottes für das Leben anderer zu kennen und einzufordern.
7. Sexualisierte Gewalt
Sexualisierte Gewalt ist der Oberbegriff für sexuelle Handlungen, die die Grenze und Würde des Gegenübers verletzen. Sexualisierte Gewalt kennt viele Formen und Abstufungen, von leichten Berührungen bis zu erzwungenem Geschlechtsverkehr („hands-on“), ebenso wie verbale Gewalt oder beispielsweise das Zeigen von pornographischem Material, Masturbieren neben einer Person oder Erpressen von Nacktfotos über soziale Medien („hands-off“).
8. Ökonomische Gewalt
Unter ökonomischer Gewalt versteht man Handlungen wie etwa das ungerechtfertigte Einbehalten von Pensionen oder Taschengeld, das Einbehalten von Geschenken oder das Verteilen von individuellem Besitz an eine Gruppe.
Auch das Zulassen all dieser Formen von Gewalt sowie das Nichteinschreiten, obwohl dies möglich wäre, sind mit Gewalt gleichzusetzen.