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Richtlinie über die Mitteilungspflicht
finanzieller Gefährdung

Vom 7. Juli 2005

ABl. Nr. 121/2005, 225/2005, 253/2005, 173/2017

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1. Zweck

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Mit dieser Richtlinie soll ein Frühwarnsystem eingerichtet werden, das es ermöglicht, für die betroffenen Einrichtungen professionelle Beratung und Unterstützung bereitzustellen, und zwar sowohl zur Wahrung ihrer Rechte in arbeits-, zivil- und sozialversicherungsrechtlichen Verfahren, wie auch in finanziellen Angelegenheiten. Andererseits werden durch die Mitteilungspflichten die Verantwortlichkeiten klargestellt.
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2. Geltungsbereich

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Diese Richtlinie gilt verpflichtend
für alle Gemeinden, Gemeindeverbände und kirchlichen Einrichtungen und Werke,
für alle Evangelisch-kirchlichen Vereine,
kirchliche Kapitalgesellschaften und Genossenschaften,
kirchliche Stiftungen und Anstalten
sowie für Arbeitsgemeinschaften, an denen diese beteiligt sind, im Folgenden kurz als Einrichtungen bezeichnet.
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3. Mitteilungspflichten

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3.1
Einrichtungen, die in arbeits-, zivil- und sozialversicherungsrechtliche Verfahren gezogen werden, haben davon unverzüglich das Kirchenamt zu informieren. Dies kann einfach durch Übersendung einer Kopie des Schriftstücks per Fax oder E-Mail geschehen, aus dem Gegenstand und Behörde des Verfahrens hervorgehen. Dies hat jedenfalls rechtzeitig vor Ablauf der zur Wahrung der Rechte erforderlichen Frist zu geschehen.
3.2
In finanziellen Angelegenheiten gelten die Regelungen des Vereinsgesetzes 2002 (VerG) über die Vereinsgebarung in der jeweils geltenden Fassung analog mit der Maßgabe, dass der Schwellenwert für die Aufstellung eines Jahresabschlusses gemäß § 22 Abs. 1 VerG für kirchliche Einrichtungen € 210.000,— beträgt.
Wenn ein Bericht des Abschlussprüfers vorliegt, wonach die Eigenmittelquote weniger als 8% (acht Prozent) und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre beträgt (Vermutung des Reorganisationsbedarfs), ist dies sofort dem zur Aufsicht berufenen kirchlichen Organ und dem zuständigen Oberkirchenrat mitzuteilen.
Ebenso ist unverzüglich mitzuteilen, wenn ein Jahresabschluss nicht oder nicht rechtzeitig aufgestellt oder der Abschlussprüfer nicht unverzüglich mit dessen Prüfung beauftragt worden ist.
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4. Verletzung der Mitteilungspflicht

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Jede Verletzung der Mitteilungspflicht wird als Unterlassung einer rechtmäßig getroffenen Weisung (§ 12 Abs. 1 Z. 7 DiszO) vom zuständigen Oberkirchenrat als Disziplinarvergehen disziplinarrechtlich geahndet.
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Erläuternde Bemerkungen

Das Vereinsgesetz 2003 legt in den §§ 20 f. Regeln für die Vereinsgebarung wie folgt fest:
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Vereinsgebarung

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Informationspflicht

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§ 20

Das Leitungsorgan ist verpflichtet, in der Mitgliederversammlung die Mitglieder über die Tätigkeit und die finanzielle Gebarung des Vereins zu informieren. Wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder dies unter Angabe von Gründen verlangt, hat das Leitungsorgan eine solche Information den betreffenden Mitgliedern auch sonst binnen vier Wochen zu geben.
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Rechnungslegung

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§ 21

( 1 ) Das Leitungsorgan hat dafür zu sorgen, dass die Finanzlage des Vereins rechtzeitig und hinreichend erkennbar ist. Es hat ein den Anforderungen des Vereins entsprechendes Rechnungswesen einzurichten, insbesondere für die laufende Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben zu sorgen. Zum Ende des Rechnungsjahrs hat das Leitungsorgan innerhalb von fünf Monaten eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung samt Vermögensübersicht zu erstellen. Das Rechnungsjahr muss nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmen, es darf zwölf Monate nicht überschreiten.
( 2 ) Die Rechnungsprüfer haben die Finanzgebarung des Vereins im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel innerhalb von vier Monaten ab Erstellung der Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu prüfen. Das Leitungsorgan hat den Rechnungsprüfern die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
( 3 ) Der Prüfungsbericht hat die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel zu bestätigen oder festgestellte Gebarungsmängel oder Gefahren für den Bestand des Vereins aufzuzeigen. Auf ungewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben, vor allem auf Insichgeschäfte (§ 6 Abs. 4), ist besonders einzugehen.
( 4 ) Die Rechnungsprüfer haben dem Leitungsorgan und einem allenfalls bestehenden Aufsichtsorgan zu berichten. Die zuständigen Vereinsorgane haben die von den Rechnungsprüfern aufgezeigten Gebarungsmängel zu beseitigen und Maßnahmen gegen aufgezeigte Gefahren zu treffen. Das Leitungsorgan hat die Mitglieder über die geprüfte Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu informieren. Geschieht dies in der Mitgliederversammlung, sind die Rechnungsprüfer einzubinden.
( 5 ) Stellen die Rechnungsprüfer fest, dass das Leitungsorgan beharrlich und auf schwerwiegende Weise gegen die ihm obliegenden Rechnungslegungspflichten verstößt, ohne dass zu erwarten ist, dass im Verein in absehbarer Zeit für wirksame Abhilfe gesorgt wird, so haben sie vom Leitungsorgan die Einberufung einer Mitgliederversammlung zu verlangen. Sie können auch selbst eine Mitgliederversammlung einberufen.
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Qualifizierte Rechnungslegung für große Vereine

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§ 22

( 1 ) Das Leitungsorgan eines Vereins, dessen gewöhnliche Einnahmen oder gewöhnliche Ausgaben in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren jeweils höher als eine Million Euro waren, hat ab dem folgenden Rechnungsjahr an Stelle der Einnahmen- und Ausgabenrechnung einen Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. § 21 und die §§ 189 bis 193 Abs. 1 und 193 Abs. 3 bis 216 HGB sind sinngemäß anzuwenden. Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlusses entfällt, sobald der Schwellenwert in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren nicht mehr überschritten wird.
( 2 ) Das Leitungsorgan eines Vereins, dessen gewöhnliche Einnahmen oder gewöhnliche Ausgaben in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren jeweils höher als drei Millionen Euro waren oder dessen jährliches Aufkommen an im Publikum gesammelten Spenden in diesem Zeitraum jeweils den Betrag von einer Million Euro überstieg, hat einen erweiterten Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang) aufzustellen und überdies für die Abschlussprüfung durch einen Abschlussprüfer gemäß Abs. 4 zu sorgen. Dabei sind zusätzlich die §§ 222 bis 226 Abs. 1, 226 Abs. 3 bis 234, 236 bis 239, 242, 269 Abs. 1 und 272 bis 276 HGB sinngemäß anzuwenden. Im Anhang sind jedenfalls Mitgliedsbeiträge, öffentliche Subventionen, Spenden und sonstige Zuwendungen sowie Einkünfte aus wirtschaftlichen Tätigkeiten und die ihnen jeweils zugeordneten Aufwendungen auszuweisen. Der Abschlussprüfer übernimmt die Aufgaben der Rechnungsprüfer. Diese Verpflichtungen entfallen, sobald die im ersten Satz genannten Schwellenwerte in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren nicht mehr überschritten werden.
( 3 ) Wenn und soweit ein öffentlicher Subventionsgeber zu einer gleichwertigen Prüfung verpflichtet ist, bleibt ein hievon erfasster Rechnungskreis von der Berechnung der Schwellenwerte gemäß Abs. 1 und 2 und von der Prüfung durch den Abschlussprüfer oder durch die Rechnungsprüfer ausgenommen. Auf einen solchen Rechnungskreis sind die Rechnungslegungsbestimmungen entsprechend dem darin erreichten Schwellenwert anzuwenden. Das Ergebnis der Prüfung durch den öffentlichen Subventionsgeber ist im Fall des Abs. 2 dem Abschlussprüfer, sonst den Rechnungsprüfern innerhalb von drei Monaten ab Aufstellung des Jahresabschlusses beziehungsweise ab Erstellung der Einnahmen- und Ausgabenrechnung mitzuteilen.
( 4 ) Als Abschlussprüfer können beeidete Wirtschaftsprüfer und Steuerberater oder Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften, beeidete Buchprüfer und Steuerberater oder Buchprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften sowie Revisoren im Sinne des § 13 Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 127/1997, herangezogen werden.
( 5 ) Stellt der Abschlussprüfer bei seiner Prüfung Tatsachen fest, die erkennen lassen, dass der Verein seine bestehenden Verpflichtungen nicht erfüllen kann, oder die erwarten lassen, dass der Verein in Zukunft zur Erfüllung seiner Verpflichtungen nicht in der Lage sein wird, so hat er dies der Vereinsbehörde mitzuteilen. Die Vereinsbehörde hat diesen Umstand im Vereinsregister ersichtlich zu machen. Die Eintragung ist wieder zu löschen, wenn der Abschlussprüfer mitteilt, dass die ihr zu Grunde liegenden Tatsachen nicht mehr bestehen. Die Eintragung ist in einer Weise zu löschen, dass sie — abweichend von § 16 Abs. 2 — nicht weiter abfragbar ist.
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Haftung

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Haftung für Verbindlichkeiten des Vereins

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§ 23

Für Verbindlichkeiten des Vereins haftet der Verein mit seinem Vermögen. Organwalter und Vereinsmitglieder haften persönlich nur dann, wenn sich dies aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder auf Grund persönlicher rechtsgeschäftlicher Verpflichtung ergibt.
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Haftung von Organwaltern und Rechnungsprüfern gegenüber dem Verein

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§ 24

( 1 ) Verletzt ein Mitglied eines Vereinsorgans unter Missachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters seine gesetzlichen oder statutarischen Pflichten oder rechtmäßige Beschlüsse eines zuständigen Vereinsorgans, so haftet es dem Verein für den daraus entstandenen Schaden nach den §§ 1293 ff. ABGB; dies gilt sinngemäß auch für Rechnungsprüfer. Bei der Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs ist eine Unentgeltlichkeit der Tätigkeit zu berücksichtigen. Vereinsmitglieder sind in ihrer Eigenschaft als Teilnehmer der Mitgliederversammlung keine Organwalter.
( 2 ) Organwalter können insbesondere schadenersatzpflichtig werden, wenn sie schuldhaft
  1. Vereinsvermögen zweckwidrig verwendet,
  2. Vereinsvorhaben ohne ausreichende finanzielle Sicherung in Angriff genommen,
  3. ihre Verpflichtungen betreffend das Finanz- und Rechnungswesen des Vereins missachtet,
  4. die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vereinsvermögen nicht rechtzeitig beantragt,
  5. im Fall der Auflösung des Vereins dessen Abwicklung behindert oder vereitelt oder
  6. ein Verhalten, das Schadenersatzpflichten des Vereins gegenüber Vereinsmitgliedern oder Dritten ausgelöst hat, gesetzt
haben.
( 3 ) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn die Handlung auf einem seinem Inhalt nach gesetzmäßigen und ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss eines zur Entscheidung statutengemäß zuständigen Vereinsorgans beruht. Die Ersatzpflicht entfällt jedoch nicht, wenn der Organwalter dieses Vereinsorgan irregeführt hat.
( 4 ) Für Rechnungsprüfer gelten die Haftungshöchstgrenzen des § 275 Abs. 2 HGB sinngemäß.