.

Richtlinien für den Dienst aller in der Gefängnisseelsorge tätigen Personen sowie für die Erstellung deren Amtsaufträge

Vom 11. Februar 2011

ABl. Nr. 3/2011

####
In dem Bestreben,
  • Menschen, die in Justizanstalten und Polizeigefangenenhäusern betreut oder aus ihnen entlassen werden, und Menschen, die Gefangene und Haftentlassene betreuen, seelsorgerliche Dienste anzubieten,
  • Gefangenen, Haftentlassenen und deren Angehörigen in diesen besonders schwierigen Lebenssituationen ihren Wert und ihre Würde trotz der Krise wahren zu helfen,
in Anerkennung der Gefangenenseelsorge als eines öffentlichen kirchlichen Dienstes im Sinne des Protestantengesetzes 1961 und der Verfassung der Evangelischen Kirche A. und H. B. in Österreich,
in der Absicht, die Zusammenarbeit mit allen in Österreich staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften zu pflegen, internationale Kooperationen und einen internationalen Austausch einzurichten,
erlässt die Evangelische Kirche A. und H. B. folgende
Richtlinien
für den Dienst aller in der Gefängnisseelsorge tätigen Personen sowie für die Erstellung deren Amtsaufträge:
Voraussetzungen für den Dienst in der Gefängnisseelsorge
Da die Gefängnisseelsorge in einem besonders belastenden Umfeld geleistet wird, haben Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen, zusätzlich zu den allgemeinen Kriterien für ihre Tätigkeit, zu erfüllen
  • an persönlichen Voraussetzungen: den Nachweis der psychischen Belastbarkeit und Sensibilität für sich und für andere;
  • an theologischen Qualifikationen: den Nachweis der Fähigkeit, durch ihr Zeugnis des Evangeliums konflikthafte Lebenssituationen zu bewältigen und die Symbole und Rituale der christlichen Tradition angemessen einzusetzen;
  • an seelsorgerlichen Qualifikationen: den Nachweis einer klinischen oder einer äquivalenten Seelsorgeausbildung, verbunden mit der Bereitschaft zu regelmäßiger Supervision und zu praxisbegleitenden Fortbildungen, einschließlich der für den Justizbereich eingerichteten Informationsveranstaltungen.
Von den Voraussetzungen kann für nebenamtlich tätige Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen vom jeweils zuständigen kirchlichen Organ Dispens erteilt werden.
Dienstauftrag und Dienstorganisation
  • Hauptamtliche Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen werden als geistliche Amtsträger bzw. Amtsträgerinnen vom Superintendentialausschuss einer Diözese bestellt oder durch den Superintendentialausschuss einer Diözese als nebenamtliche bzw. ehrenamtliche Seelsorger bzw. Seelsorgerinnen beauftragt.
  • Die Besetzung erfolgt nach den allgemeinen Regeln der Bewerbung für und der Besetzung von Pfarrstellen bzw. ehrenamtlichen Beauftragungen.
    Im Amtsauftrag ist der Aufgabenbereich der Seelsorge zu bestimmen, die Zeitspanne der Bestellung oder Beauftragung festzuhalten sowie das Ausmaß der Supervision und der praxisbegleitenden Fortbildung im Einvernehmen mit dem Gefängnisseelsorger oder der Gefängnisseelsorgerin festzulegen. Dabei sind die mit der jeweiligen Anstaltsleitung allenfalls getroffenen Vereinbarungen sowie die Generalvereinbarung der Evangelischen Kirche A. und H. B. mit dem Bundesministerium für Justiz zu beachten. Vor Beginn der Übernahme des Dienstes ist auch zu vereinbaren, wer in Krankheits- und in anderen Verhinderungsfällen die Vertretung übernehmen wird. Bei Verhinderungen, die länger als eine Woche dauern, ist nicht nur der zuständige Vertreter bzw. die zuständige Vertreterin, sondern auch der zuständige Superintendent bzw. die zuständige Superintendentin und der Sprecher bzw. die Sprecherin zu informieren.
  • Über ihre Arbeit sind die Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen berichtspflichtig; der Sprecher oder die Sprecherin der Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen (letzter Punkt) hat zumindest einmal jährlich dem Oberkirchenrat A. und H. B. zusammenfassend mündlich oder schriftlich zu berichten.
  • Zum Zweck der regionalen Vernetzung, der Qualitätssicherung und der Vertretung der Sachanliegen der Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen ist einmal jährlich eine gesamtösterreichische Konferenz abzuhalten. Sie wird vom Sprecher bzw. von der Sprecherin gemeinsam mit dem Beauftragten bzw. der Beauftragten des Oberkirchenrates A. und H. B. (letzter Punkt) einberufen und gemeinsam mit einer gewählten Organisationsgruppe gestaltet. Die Konferenz erstattet Vorschläge über die Verwendung der Mittel des Bundesministeriums für Justiz auf Grund des Generalvertrages mit der Evangelischen Kirche in Österreich.
  • Der Besuch der Konferenz ist für die Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen Dienstpflicht.
  • Die Entsendung zu internationalen Konferenzen erfolgt durch den Oberkirchenrat A. und H. B., der auch die Kosten der Reise übernimmt. Konferenzberichte sind für andere Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen aufzubereiten und für die Tätigkeit insgesamt nutzbar zu machen.
  • Der Oberkirchenrat A. und H. B. bestimmt aus seiner Mitte ein Mitglied als Beauftragten bzw. als Beauftragte für die Gefängnisseelsorge. Die haupt-, neben- und ehrenamtlichen Gefängnisseelsorger und Gefängnisseelsorgerinnen wählen im Rahmen ihrer gesamtösterreichischen Konferenz für eine Funktionsperiode von vier Jahren aus ihrer Mitte einen Sprecher bzw. eine Sprecherin und einen Stellvertreter bzw. eine Stellvertreterin. Die Funktion des Sprechers bzw. der Sprecherin gilt als integraler Bestandteil der Tätigkeit des Sprechers bzw. der Sprecherin. Dem Sprecher bzw. der Sprecherin kann für die Erledigung administrativer Tätigkeiten eine bezahlte Bürohilfe im Ausmaß von bis zu 40 Stunden jährlich zur Verfügung gestellt werden.
Die Richtlinien, ABl. Nr. 100/2007 und 4/2008, treten außer Kraft.