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Geltungszeitraum von: 01.05.1970

Geltungszeitraum bis: 07.02.2023

Richtlinien für die Trauung Geschiedener

Vom 1. Mai 1970

ABl. Nr. 28/1970, 58/1970, 267/1999, 8/2023

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I.
Richtlinien für die Trauung Geschiedener

Die Ehe ist nach evangelischer Lehre unauflöslich. Die Brautleute geloben, den Bund der Ehe zu halten „bis der Tod uns scheidet“. Wenn dennoch eine Ehe um der menschlichen Härtigkeit des Herzens willen oder aus menschlicher Schwäche zu zerbrechen droht oder zerbricht, ist die Kirche den Betroffenen ihren seelsorgerlichen Dienst schuldig. Sie ist diesen Dienst auch schuldig, wenn ein Geschiedener versucht, eine neue Ehe einzugehen und für dieses Wagnis Gottes Segen erbittet. Sie wird in jedem Falle gewissenhaft prüfen und erwägen, ob sie die kirchliche Trauung verweigern muss oder vornehmen kann.
  1. Die Trauung Geschiedener kann ausnahmsweise solchen Ehepaaren gewährt werden, von denen mindestens der eine Ehegatte der Kirche A. B. oder der Kirche H. B. angehört.
  2. Über die Vornahme oder Ablehnung einer solchen Trauung entscheidet allein der zuständige Seelsorger, im Beschwerdefalle der zuständige Superintendent bzw. der Landessuperintendent.
  3. Eine Delegation an einen anderen Seelsorger darf nur dann erfolgen, wenn der delegierte Seelsorger die Trauung selbst nicht ablehnt oder der zuständige Superintendent bzw. der Landessuperintendent der Beschwerde stattgibt.
  4. Der Seelsorger, an den eine solche Trauung delegiert wird, hat jedoch selbst zu entscheiden, ob er die Trauung vornimmt oder ablehnt.
  5. Der Seelsorger hat vor seiner Entscheidung festzustellen, ob bei einem anderen Seelsorger um eine solche Trauung bereits angesucht wurde.
  6. Vor Ablehnung einer solchen Trauung soll der zuständige Superintendent bzw. der Landessuperintendent zu Rate gezogen werden.
  7. Die Entscheidung über die Ablehnung ist den Ansuchenden auf Verlangen schriftlich und mit Angabe der Gründe auszufertigen; eine Durchschrift dieser Entscheidung ist dem Superintendenten bzw. dem Landessuperintendenten zu übermitteln, mit dem in diesem Falle Rücksprache zu pflegen ist.
  8. Vor der Trauung ist mit den Ansuchenden eine genaue Festlegung der gesamten Trauungshandlung zu besprechen (wie Chorlieder, Solisten, Musikeinlagen, Mitwirkung von Vereinen. Schmuck der Kirche), damit nicht durch äußeren Aufwand etwa eine innere Not zugedeckt werden soll.
  9. Bei der Beurteilung eines Ansuchens um Trauung ist zu beachten:
    1. die Einsichtnahme in die Scheidungsurteile sämtlicher Instanzen;
    2. den Ansuchenden soll mit Rücksicht auf die Gemeinde empfohlen werden, zwischen der zu vollziehenden Eheschließung vor dem Standesamt und der angesuchten kirchlichen Trauung eine angemessene Frist verstreichen zu lassen;
    3. bei schwierigen Fällen soll das Presbyterium mitbefasst werden, zumindest aber der Kurator und dessen Stellvertreter;
    4. in Fällen, in welchen der geschiedene Teil jenen heiraten will, der die Scheidung verursachte, sind besondere seelsorgerliche Überlegungen anzustellen;
    5. eine besondere Bedeutung ist dem Umstand zuzumessen, ob minderjährige Kinder aus der geschiedenen Ehe vorhanden sind;
    6. nach Möglichkeit ist festzustellen, ob dem Ansuchen um Trauung seelsorgerliche und religiöse Gründe oder nur gesellschaftliche Rücksichten und ähnliche Beweggründe zugrundeliegen.