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Kirchengericht:Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B.
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:24.04.2019
Aktenzeichen:R1/2019
Rechtsgrundlage:§ 7 Abs 2 WahlO; § 6 Abs 1 WahlO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte: Anfechtung einer Wahl (Art 119 Abs 3 KV), Anfechtung einer Wahl zu Abgeordneten in die Synode A.B., Ordnungsgemäßheit des Wahlvorgangs, Wahlanfechtung nicht stattgegeben
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Leitsatz:

  1. Zur Anfechtung einer Wahl ist auch jede „übergeordnete Stelle“ berechtigt. In Ansehung von Wahlen zu Abgeordneten/deren Stellvertreter in die Synode A.B. ist dies das Präsidium dieser Synode (§ 7 Abs 2 WahlO).
  2. Bei Wahlen zu Abgeordneten/deren Stellvertreter in die Synode A.B. ist für die Ordnungsgemäßheit des Wahlvorgangs darauf abzustellen, ob die Mitglieder der neu konstituierten Superintendentialversammlung die Möglichkeit hatten, unmittelbar oder auch mittelbar (hier: durch einen unwidersprochen gebliebenen Wahlvorschlag des Nominierungsausschusses alt) Kandidaten für die anstehenden Wahlen namhaft zu machen (§ 6 Abs 1 WahlO).
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Az: R1/2019
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich hat durch seinen Präsidenten SPdOGH Dr. Manfred Vogel als Vorsitzenden und durch PräsdLG i.R. Dr. Hans-Peter Kirchgatterer, RA Dr. Klaus Dörnhöfer, Pfr.i.R. Mag. Norbert Engele und Pfr.i.R. Mag. Beowulf Moser als weitere Mitglieder im Beisein der Schriftführerin Sandra Gajic
über die Anfechtung des ***** betreffend die Wahlen der Abgeordneten sowie deren Stellvertreter in die Synode A.B./Generalsynode durch die Superintendentialversammlung der Evangelischen Superintendenz ***** am 20.10.2018
in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
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Die Anfechtung wird als unbegründet abgewiesen.
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B e g r ü n d u n g :

A) Mit Eingabe vom 20.3.2019 ficht das ***** (idF: Anfechtungswerber) als übergeordnete Stelle iSd § 7 Abs 2 Wahlordnung (WahlO) die Wahlen der Abgeordneten sowie deren Stellvertreter in die Synode A.B./Generalsynode (Art 76 Abs 1 Z 5 Kirchenverfassung - KV) durch die Superintendentialversammlung der Evangelischen Superintendenz A.B. ***** am 20.10.2018 an (R 1/2019) und stellt zugleich einen Antrag gem Art 119 Abs 1 Z 5 KV auf Prüfung der Superintendentialordnung (Geschäftsordnung) der Evangelischen Superintendenz A.B. ***** wegen Verfassungswidrigkeit bzw Gesetzwidrigkeit (R 2/2019).
Als Anfechtungsgrund wird eine Ordnungswidrigkeit, die Einfluss auf das Wahlergebnis haben konnte, geltend gemacht. Der Anfechtungswerber führt dazu aus, dass die Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl (den Bestimmungen der Superintendentialordnung entsprechend) von jenem (alten) Nominierungsausschuss stammten, der in der vorherigen Funktionsperiode der Superintendentialversammlung gewählt worden ist. Nicht sämtliche Mitglieder des alten Nominierungsausschusses seien auch Mitglieder der neu konstituierten Superintendentialversammlung. Es stelle sich daher die Frage, ob überhaupt entsprechende rechtswirksame Wahlvorschläge vorlagen, da es nicht notwendig sei, die Wahl der Abgeordneten/deren Stellvertreter in die Synode in der konstituierenden Sitzung der neuen Superintendentialversammlung zu wählen bzw diese Wahl auch erst im Anschluss an die Neuwahl des Nominierungsausschusses hätte erfolgen können. Um die in diesem Zusammenhang bestehende Zweifel auszuräumen und für die Beschlüsse der Synode in ihrer Session am 4.5.2019 Rechtssicherheit zu schaffen, erweise sich die Wahlanfechtung als erforderlich.
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B) In seiner Gegenäußerung vom 29.3.2019 zur Wahlanfechtung vertritt der Superintendent der betroffenen Superintendentur die Auffassung, der gesamte Wahlvorgang sei ordnungsgemäß abgelaufen. Er verweist insbesondere darauf, dass alle wahlberechtigten Mitglieder der Superintendentialversammlung in ihren Rechten beim angefochtenen Wahlvorgang nicht beeinträchtigt worden seien, da ihnen noch vor der Wahl eine Frist zur Nominierung weiterer Personen als Abgeordnete in die Synode eingeräumt wurde und von diesem Recht auch Gebrauch gemacht wurde. Auch hat eine große, überwiegende Mehrheit (76 ja-Stimmen, 1 nein-Stimme, 1 ungültige Stimme) in einer geheimen Abstimmung in einer Sitzung der Superintendentialversammlung am 23.3.2019 allen sechs beim angefochtenen Wahlvorgang gewählten Synodalen und allen ihren Stellvertretern ihr Vertrauen ausgesprochen. Darauf hingewiesen wird letztlich, dass der seit 20.10.2018 gewählte Nominierungsausschuss neu mehrheitlich aus dem selben Personenkreis besteht wie der Nominierungsausschuss alt (6 von 11 Personen blieben gleich). Pro futuro hat die Superintendentialversammlung in ihrer Sitzung am 23.3.2019 die Superintendentialordnung der Evangelischen Superintendenz A.B. ***** dahin einstimmig abgeändert, dass die Mitglieder des Nominierungsausschusses gleich zu Beginn der konstituierenden Sitzung der Superintendentialversammlung zu wählen und erst anschließend über Vorschläge des neuen Konstituierungsausschusses weitere Wahlen in Ausschüsse und Gremien und für Beauftragungen durchzuführen sind.
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C) Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:
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1. Die Wahlanfechtung ist zulässig
Gemäß Art 119 Abs 3 KV erkennt der Revisionssenat über die Anfechtung einer Wahl.
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2. Der Anfechtungswerber ist zur Anfechtung befugt
Gem § 7 Abs 2 WahlO ist zur Anfechtung einer Wahl auch jede „übergeordnete Stelle“ berechtigt. In Ansehung von Wahlen zu Abgeordneten/deren Stellvertreter in die Synode A.B. ist dies das Präsidium dieser Synode, hat dieses doch gem § 5 Abs 2 der Geschäftsordnung der Synode A.B. bei Zweifel, ob eine Person der Synode als Abgeordneter oder Stellvertreter angehört, zu entscheiden. Analoges bestimmt § 5 Abs 2 der Geschäftsordnung der Generalsynode.
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3. Die Anfechtung ist rechtzeitig
Eine Wahlanfechtung hat gem § 7 Abs 2 WahlO binnen 14 Tagen ab Kenntnis von Wahlanfechtungsgründen, längstens aber sechs Monate nach Feststellung des Wahlergebnisses zu erfolgen. Diese Frist ist gewahrt, weil der Anfechtungswerber erst mit Schreiben vom 6.3.2019 durch einen Dritten vom geltend gemachten Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat.
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4. Der aufgezeigte Anfechtungsgrund konnte keinen Einfluss auf das Wahlergebnis haben
Der Revisionssenat erkennt über die Anfechtung einer Wahl, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit Einfluss auf das Wahlergebnis haben konnte (Art 119 Abs 3 KV).
Der hier geltend gemachte Anfechtungsgrund sind sonstige grobe Ordnungswidrigkeiten, die das Ergebnis der Wahl beeinflusst haben (§ 6 Abs 1 WahlO).
Vorauszuschicken ist, dass die ordnungsgemäße Durchführung des Wahlvorgangs selbst (Abgabe der Stimmen, erforderliche Stimmenmehrheiten etc) nicht in Zweifel gezogen wird. Strittig ist allein, ob dem Wahlvorgang eine rechtsgültige Nominierung von Kandidaten zugrunde liegt.
Die am Wahltag in Kraft stehende Superintendentialordnung der Evangelischen Superintendenz A.B. ***** (ABl Juli/August 2018 Nr 123, in der Folge Wr.SupO) ordnet zwar an, dass dem Nominierungsausschuss „die Vorbereitung der Wahlen und Beauftragungen durch die Superintendentialversammlung“ obliegt, der er die entsprechenden „Vorschläge zu erstatten“ hat (1.43 Wr.SupO), sie enthält aber keine Bestimmung über den Zeitpunkt, in dem eine neu konstituierte Superintendentialversammlung den Nominierungsausschuss zu wählen hat.
Im Hinblick auf die diesem Ausschuss übertragenen Aufgabe der Erstattung von Wahlvorschlägen mag es nun durchaus zweckmäßig sein, diesen Ausschuss zum ehest möglichen Zeitpunkt in der konstituierenden Sitzung einer neu zusammengetretenen Superintendentialversammlung zu besetzen (wie dies zwischenzeitig durch Änderung der Wr.SupO am 23.3.2019 auch geschehen ist). Aus dem Umstand, dass aber jedenfalls die Wahl des neuen Nominierungsausschusses notwendigerweise noch ohne Wahlvorschlag eben dieses neu zu wählenden Gremiums erfolgen muss, ist zu schließen, dass das Vorliegen eines Wahlvorschlags des neuen Nominierungsausschusses keine conditio sine qua non für einen gültigen Wahlvorgang sein kann. Es ist für die Ordnungsgemäßheit eines Wahlvorgangs vielmehr darauf abzustellen, ob die Mitglieder der neu konstituierten Superintendentialversammlung die Möglichkeit hatten, unmittelbar oder auch mittelbar (etwa wie hier geschehen durch einen unwidersprochen gebliebenen Wahlvorschlag des Nominierungsausschusses alt) Kandidaten für die anstehenden Wahlen namhaft zu machen.
Dass im Anlassfall diese Möglichkeit bestand, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Protokoll der Superintendentialversammlung vom 20.10.2018: Zu Tagesordnungspunkt 3 ist dort festgehalten, dass allen Delegierten die Wahlvorschläge des Nominierungsausschusses [ergänze: alt] zugegangen sind und eine Frist für weitere Nominierungen bis 15 Minuten nach Beginn der Kaffeepause am Vormittag eröffnet wird. Dass diese Möglichkeit auch tatsächlich genutzt wurde, ergibt sich aus dem Protokoll zu Tagesordnungspunkt 8.2, wo ersichtlich ist, dass neben den vom Nominierungsausschuss genannten Personen noch drei weitere Personen aus der Superintendentialversammlung nominiert worden sind.
In weiterer Folge wurde das Protokoll der Superintendentialversammlung vom 20.10.2018 einstimmig genehmigt und die sechs gewählten Synodalen im Dezember 2018 in der Synode
angelobt. Weder eine an der angefochtenen Wahl aktiv wahlberechtigte Person noch eine zur Wahl nominierte Person haben Einwände gegen den Wahlvorgang erhoben.
Unter diesen Umständen liegen somit keine „sonstigen groben Ordnungswidrigkeiten“ bei der angefochtenen Wahl vor, die das Ergebnis der angefochtenen Wahl beeinflusst haben konnten.
Die Wahlanfechtung wirft weiters die Frage auf, ob ein Widerspruch zwischen der Wr.SupO und Art 83 Abs 7 KV deshalb bestehe, weil nach letzterer Bestimmung zwar Ausschüsse und Kommissionen der Synode Beschlussvorlagen vorbereiten können, Arbeitsausschüsse in Superintendentialversammlungen hingegen (gemeint offenbar: mangels vergleichbarer Norm in der KV) nur vorberaten und Bericht erstatten, jedoch keine Beschlussvorlagen und Anträge erarbeiten könnten. Unter den zuvor erläuterten Umständen (es liegen keine „sonstigen groben Ordnungswidrigkeiten“ bei der angefochtenen Wahl vor) kann diese Frage hier unerörtert bleiben und bleibt einer Beschlussfassung über den Antrag auf Prüfung der Wr.SupO wegen Verfassungswidrigkeit bzw Gesetzwidrigkeit (R 2/2019) vorbehalten.
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Die Wahlanfechtung erweist sich somit als unbegründet.
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Über den Antrag auf Prüfung der Superintendentialordnung (Geschäftsordnung) der Evangelischen Superintendenz A.B. ***** wegen Verfassungswidrigkeit bzw Gesetzwidrigkeit wird gesondert zu entscheiden sein.
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Wien, am 24. April 2019
Dr. Manfred Vogel e.h.
Präsident