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Kirchengericht:Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B.
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:06.12.2006
Aktenzeichen:R1/2006
Rechtsgrundlage:Art 69 Abs 1 KV, Art 71 Abs 1 KV, Art 119 Abs 1 Z 7 KV
Vorinstanzen:keine
Schlagworte: Beschwerde gegen Bescheide und Maßnahmen wegen Gesetzwidrigkeit oder Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers (Art 119 Abs 1 Z 6 u. 7 u. 10 KV; Art 119 Abs 2 zweiter Fall KV), kirchliche Anerkennung, unzuständige Behörde, unzuständiges Organ
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Leitsatz:

  1. Die Führung der Bezeichnungen „evangelisch“, „lutherisch“ oder „reformiert“ ohne entsprechende kirchliche Anerkennung ist unzulässig (Art 69 Abs 1 KV).
  2. Zuständiges Organ für die Anerkennung als evangelisch-kirchlicher Verein ist der Oberkirchenrat A.u.H.B. (Art 71 Abs 1 KV).
  3. Ein von einer unzuständigen Behörde erlassener Bescheid ist aufzuheben (Art 119 Abs 1 Z 7 KV).
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Az: R1/2006
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich hat unter dem Vorsitz des stellvertretenden Präsidenten RA Dr. Klaus Hoffmann in Gegenwart der zum geistlichen Amt befähigten Mitglieder Pfarrer i.R. Mag. Gottfried Fliegenschnee und Pfarrer Mag. Beowulf Moser sowie der rechtskundigen Mitglieder SPdVwGH Dr. Ilona Giendl und HRdVwGH Dr. Dieter Beck und im Beisein der Schriftführerin Pichal über die Beschwerde des *****
gegen den Bescheid des Evangelischen Oberkirchenrates A.B. vom 16.1.2006, Zl. S 15; 98/2006, nach der am 6.12.2006 durchgeführten mündlichen Verhandlung nach Anhörung des Vortrages der Berichterstatterin Dr. Giendl sowie der Ausführungen des Beschwerdeführers ***** und der Vertreter des Evangelischen Oberkirchenrates A.B., ***** und *****,
zu Recht erkannt:
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Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
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B e g r ü n d u n g :

***** ist seit 9.12.2002 bei der Bezirkshauptmannschaft Liezen registriert. Die Statuten sind behördlich genehmigt. Mit Antrag vom 20.12.2005 suchte der ***** um Anerkennung als kirchlicher Verein an. In seiner Sitzung vom 10.1.2006 hat sich der Evangelische Oberkirchenrat A.B. mit dem Ansuchen befasst und hierauf mit Datum vom 16.1.2006 den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen. Der Verein „*****“ wird dem Bescheid zufolge nicht als evangelisch-kirchlicher Verein anerkannt. Dem Verein wird untersagt, Bezeichnungen zu führen, die auf eine Verbindung zur Evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich schließen lassen könnten, insbesonders die Worte „lutherisch“ und „evangelisch“. Weiters wird dem Verein untersagt, die durch Kirchengesetz der Evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich geschützte Bezeichnung „Lektor“ zu verwenden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der Oberkirchenrat A.B. hat zur Beschwerde eine Gegenschrift vom 8.5.2006 erstattet, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragt. Mit Schreiben vom 20.6.2006 hat der ***** zu dieser Gegenschrift Stellung genommen und die Aufhebung des Bescheides beantragt.
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Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß Art 69 Abs 1 KV neu bringt die Kirche mit der Anerkennung als Werk der Kirche, als evangelisch-kirchlicher Verein, als evangelisch-kirchliche Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft zum Ausdruck, dass sie in dieser Arbeit einen wichtigen Ausdruck kirchlichen Lebens sieht. Die Führung der Bezeichnungen „evangelisch“, „lutherisch“ oder „reformiert“ ohne entsprechende kirchliche Anerkennung ist unzulässig.
Nach Art 71 Abs 1 KV neu haben Vereine, Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, die in ihrem Namen oder in ihrer Zielsetzung auf eine Verbindung mit der Evangelischen Kirche schließen lassen, vor ihrer Errichtung bzw. jeder Änderung ihrer Aufgaben oder Rechtsgrundlagen die Zustimmung des Oberkirchenrates A.u.H.B. einzuholen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich eindeutig die Zuständigkeit des Oberkirchenrates A.u.H.B. als anerkennendes Organ der Kirche für Vereine. Auch der Oberkirchenrat A.B. geht in seiner Gegenschrift vom 8.5.2006 davon aus, dass der Text des Art 71 Abs 1 KV neu als anerkennendes Organ der Kirche den Oberkirchenrat A.u.H.B. nenne, meint aber, den Text „prima facie“ zu lesen, reiche in diesem Fall nicht aus, denn der Zusammenhang aller Rechtsvorschriften dieses Abschnittes (Art 69 – 72 KV neu) zeige, dass je und je differenziert werden müsse. Aus keiner der Stellen ergebe sich nämlich, dass eine Änderung der allgemeinen Zuständigkeiten der Kirchenverfassung vorgenommen werden sollte, vielmehr fassten die vermengten Vorschriften über Werke, Vereine, Gesellschaften und Stiftungen verschiedene mögliche Regelungen einmal zusammen, ein anderes Mal unterschieden sie die Organzuordnungen genau und der Zuständigkeitsordnung folgend. Der beschwerdeführende Verein beziehe sich schon seinem Namen und seiner Absicht gemäß auf die Evangelische Kirche A.B., daher sei auch der Oberkirchenrat A.B. für die Anerkennung das zuständige kirchliche Organ.
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Dem Oberkirchenrat A.B. als belangter Behörde ist darin zuzustimmen, dass Art 70 KV neu die Zuständigkeiten des Oberkirchenrates A.B. bzw. des Oberkirchenrates H.B. bzw. des Oberkirchenrates A.u.H.B. unterscheidet. Diese Bestimmung sagt aber nichts über die Zuständigkeit für die Anerkennung aus, sondern nur, dass im Wege des Oberkirchenrates A.B. bzw. H.B. bzw. A.u.H.B. anzusuchen ist. Art 72 KV neu bezieht sich auf kirchliche Stiftungen und Anstalten und differenziert entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht zwischen Zuständigkeiten des Oberkirchenrates A.B., H.B. bzw. A.u.H.B., sondern nennt als einzige Zuständigkeit jene des Oberkirchenrates A.u.H.B.
Die Regelung des Art 71 KV neu begegnet auch sachverhaltsbezogen keinen Bedenken, haben doch auch gemäß Art 70 Abs 9 KV neu sowohl Werke der Kirche, als auch evangelisch-kirchliche Vereine, Kapitalgesellschaften usw. vor Einbringung von Rechtsmitteln bei Höchstgerichten bzw. bei Gerichten der Europäischen Union den Oberkirchenrat A.u.H.B. zu informieren, womit sich selbst aus der von der belangten Behörde zitierten Bestimmung der Art 70 und 72 KV neu eine Zuständigkeit des Oberkirchenrates A.u.H.B. in besonders wichtigen Angelegenheiten ergibt.
Da Art 71 Abs 1 KV neu die eindeutige Zuständigkeit des Oberkirchenrates A.u.H.B. für die Anerkennung evangelisch-kirchlicher Vereine determiniert, und auch der Zusammenhang aller Rechtsvorschriften dieses Abschnittes (Art 69 – 72 KV neu) nicht den Schluss zulässt, dass eine andere Zuständigkeit gegeben sei, was insbesondere daraus erhellt, dass der Gesetzgeber dort, wo differenziert werden sollte, sehr wohl diese Differenzierung vorgenommen hat, dort, wo dies nicht der Fall sein sollte, davon aber Abstand genommen hat, war der Oberkirchenrat A.B. zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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Wien, am 6. Dezember 2006
Dr. Manfred Vogel e.h.
Präsident