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Kirchengericht: | Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B. |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 13.09.2006 |
Aktenzeichen: | R6/2006 |
Rechtsgrundlage: | Art 121 Abs 1 Z 2 KV, Art 119 Abs 1 Z 7 KV, Art 119 Abs 3 KV, Art 119 Abs 1 Z 6 KV |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: | Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder Vereinbarungen mit anderen Kirchen (Art 119 Abs 1 Z 2 und 3 KV; Art 119 Abs 2 erster Fall KV), Antragsberechtigung, Organwalter, Verletzung subjektiver Rechte, Zustimmung des Oberkirchenrates A.B. |
Leitsatz:
- Antragsberechtigt sind ua die Werke der Kirche, nicht jedoch einzelne Organwalter (Art 121 Abs 1 Z 2 KV).
- Besteht nicht einmal die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers durch die in Beschwerde gezogene Maßnahme, so ist die Beschwerde zurückzuweisen (Art 119 Abs 1 Z 7 KV).
- Die erfolgte Zustimmung des Oberkirchenrates A.B. zur neuen Bestellung des Vorstands des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wie ist weder ein Beispiel, der gemäß Art 119 Abs. 1 Z 6 KV beim Revisionssenat angefochten werden könnte, noch eine Wahl im Sinne des Art 119 Abs 3 KV.
Az: R6/2006 | |
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich hat durch seinen Präsidenten HRdOGH Dr. Manfred Vogel als Vorsitzenden in Gegenwart seines Stellvertreters RA Dr. Klaus Hoffmann und durch HRdVwGH Dr. Dieter Beck sowie PräsdLG Dr. Hans-Peter Kirchgatterer als rechtskundige Mitglieder und der zum geistlichen Amt befähigten Mitglieder Pfarrer i.R. Mag. Gottfried Fliegenschnee und Rektor Dr. Gerhard Harkam im Beisein der Schriftführerin Trimmel | |
in der Beschwerdesache 1. der ***** und 2. des *****, beide vertreten durch MR i.R. OKR a.D. MMag. Robert Kauer in 1030 Wien, Radetzkystraße 21/9, I. gegen die Verfügung mit einstweiliger Geltung, mit der die Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien geändert worden ist, und II. gegen die Bestellung eines neuen Vorstandes des Evangelischen Schulwerkes A.B. durch den Evangelischen Oberkirchenrat A.B., erhobenen Beschwerde, | |
nach mündlicher Verhandlung am 13.9.2006 den | |
Beschluss | |
gefasst: |
1. Die Beschwerde gegen die Verfügung mit einstweiliger Geltung, mit der die Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. geändert worden ist, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gegen die Bestellung eines neuen Vorstandes des Evangelischen Schulwerkes A.B. durch den Evangelischen Oberkirchenrat A.B. wird zurückgewiesen.
#B e g r ü n d u n g :
Mit Eingabe vom 26. Juni 2006 erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde 1. gegen die "Verfügung mit einstweiliger Geltung, mit der die Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. geändert worden ist" (Beschluss des Synodalausschusses A.B. vom 22. Juni 2006), und 2. gegen die "Bestellung eines neuen Vorstandes des Evangelischen Schulwerkes A.B. durch den Evangelischen Oberkirchenrat A.B." an den Revisionssenat der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich.
In der Begründung der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, die Erstbeschwerdeführerin sei seit 9. Jänner 2004 Vorstand des Evangelischen Schulwerkes A.B. in Wien und der Zweitbeschwerdeführer Mitglied des Vorstandes des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien (siehe Verlautbarung ABl.Nr. 23/2004). Mit Beschluss des Synodalausschusses A.B. sei am 22. Juni 2006 die geltende Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien (kurz: Schulwerk) geändert worden. Zugleich sei ein neuer Vorstand bestellt worden. Durch diesen Vorgang seien in mehrfacher Hinsicht verfassungsgesetzliche Bestimmungen verletzt worden, nämlich
1. Die Ordnung sei geändert worden, obwohl dazu kein Vorschlag des Schulwerkes vorgelegen sei.
2. Der Beschluss sehe weitestgehende Eingriffsrechte einer anderen Rechtsperson, nämlich des Evangelischen Hilfswerkes in Österreich, vor, die nicht Schulerhalter i.S. des Privatschulgesetzes sei.
3. Der Beschluss sei mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzt worden, sodass dazu der Vorstand des Schulwerkes keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme gehabt habe.
4. Es sei sofort ein neuer Vorstand bestellt worden.
#Zu der vorliegenden Beschwerde gaben sowohl der Vorsitzende des Synodalausschusses A.B. als auch der Oberkirchenrat A.B., letzterer vertreten durch den Oberkirchenrat für juristische Angelegenheiten, eine Gegenäußerung ab.
1. Zur Anfechtung der Verfügung mit einstweiliger Geltung, mit der die Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien geändert worden ist:
Gemäß Art 119 Abs 1 Z 2 der Verfassung der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich, ABl.Nr. 136/2005 (kurz: KV), erkennt der Revisionssenat über die Verfassungswidrigkeit von Kirchengesetzen und Verfügungen mit einstweiliger Geltung.
Nach Art 121 Abs 1 Z 2 KV sind zur Stellung eines Antrages bzw. Einbringung einer Beschwerde in den Fällen des Art 119 Abs 1 Z 2 bis 4 die Organe der Kirche A.B., der Kirche H.B., der Evangelischen Kirche A.u.H.B. sowie die in Art 70 genannten Werke der Kirche, evangelisch-kirchliche Vereine, Kapitalgenossenschaften oder Genossenschaften, die kirchlichen Stiftungen und Anstalten berechtigt. Über Anträge kann auch entschieden werden, ohne dass ein kirchliches Verwaltungsverfahren anhängig ist.
Art 70 KV trifft nähere Regelungen über die "Werke der Kirche".
Das Schulwerk zählt zu den Werken der Kirche (vgl. die Präambel der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. i.d.F. ABl.Nr. 141/2003).
Nach § 4 Abs 1 erster und zweiter Einleitungssatz der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. i.d.F. ABl.Nr. 141/2003 ist die Leitung des Schulwerkes Aufgabe des Vorstandes. Alle nicht ausdrücklich anderen Organen zugewiesenen Aufgaben fallen in die Kompetenz des Vorstandes.
Die vorliegende Beschwerde wurde von zwei (ehemaligen) Mitgliedern des Vorstandes des Schulwerkes im eigenen Namen beim Revisionssenat eingebracht. Antragsberechtigt nach Art 121 Abs 1 Z 2 KV sind u.a. nur die Werke der Kirche selbst, nicht jedoch einzelne Organwalter, zumal im Falle einer Anfechtung durch den Vorstand des Evangelischen Schulwerkes nach § 4 Abs 1 und 3 der genannten Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. i.d.F. ABl.Nr. 141/2003 ein Vorstandsbeschluss (bei Anwesenheit von mindestens drei Mitgliedern des Vorstands) erforderlich gewesen wäre. Auf einen solchen Beschluss nimmt jedoch die vorliegende Beschwerde keinen Bezug; es gibt für den Revisionssenat auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass vom (ehemaligen) Vorstand des Schulwerkes ein solcher Beschluss gefasst wurde.
Da es den Beschwerdeführern aber nach Art 121 Abs 1 Z 2 KV an der entsprechenden Legitimation zur Anfechtung der gegenständlichen Verfügung mit einstweiliger Geltung, mit der die Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien geändert worden ist, fehlte, war ihr Begehren auf Aufhebung der diesbezüglichen Verfügung mit einstweiliger Geltung zurückzuweisen.
#2. Zum Antrag auf Aufhebung der Neubestellung des Vorstandes des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien:
Nach § 3 Abs 1 der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. i.d.F. ABl.Nr. 141/2003 erfolgt die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder durch den Superintendentialausschuss der Evangelischen Superintendenz A.B. Wien. Der Vorstand besteht aus mindestens drei und höchstens fünf Personen.
Gemäß § 3 Abs 3 der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. i.d.F. ABl.Nr. 141/2003 erfolgt die Bestellung des Vorstandes auf die jeweilige Funktionsdauer der Superintendentialversammlung der Evangelischen Superintendenz A.B. Wien, wobei ein bestellter Vorstand seine Tätigkeit so lange weiterzuführen hat, bis sich ein neuer Vorstand konstituiert hat.
In der Stellungnahme des Vorsitzenden des Synodalausschusses A.B. vom 7. Juli 2006 wurde u.a. ausgeführt, dass die Neukonstituierung der Superintendentialversammlung der Evangelischen Superintendenz A.B. Wien am 1. April 2006 stattfand. Damit endete die Funktionsperiode der vorhergehenden Superintendentialversammlung. Unbestritten ist, dass sich ein neuer Vorstand - wenngleich auf der Basis der Novelle der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. (vgl. die erwähnte Verfügung mit einstweiliger Geltung vom 22. Juni 2006 bzw. die Verlautbarung der Änderung der Ordnung des Schulwerkes unter ABl.Nr. 202/2006) - konstituiert hat. Damit ist jedoch gemäß § 3 Abs 3 der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. i.d.F. ABl.Nr. 141/2003 die Funktion der bisherigen Vorstandsmitglieder - somit auch der Beschwerdeführer - erloschen.
Nach Art II Abs 2 der Änderung der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B., ABl.Nr. 202/2006 (bzw. Art. III Abs. 2 der vorgenannten Verfügung mit einstweiliger Geltung vom 22. Juni 2006), erfolgt die nach dem Inkrafttreten der Änderung erstmalige Bestellung bzw. Wiederbestellung des Vorstandes durch einen gemeinsamen Antrag des Vorstandes des Schulwerkes A.B. Wien und des Superintendentialausschusses A.B. Wien an das Kuratorium des Evangelischen Hilfswerkes; die Bestellung bedarf zur Rechtswirksamkeit der Zustimmung des OKR A.B.
In der Gegenäußerung des Vorsitzenden des Synodalausschusses A.B. zur vorliegenden Beschwerde vom 31. Juli 2006 wird u.a. ausgeführt, es handle sich im Zusammenhang mit der Bestellung des Vorstandes des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien aufgrund der angefochtenen Verfügung mit einstweiliger Geltung (Beschlussfassung durch den Synodalausschuss A.B. am 22. Juni 2006) nicht um ein kirchliches Verwaltungsverfahren. Es sei auch anzumerken, dass der Evangelische Oberkirchenrat A.B. den neuen Vorstand des Evangelischen Schulwerkes A.B. nicht bestellt habe, sondern nur dessen Bestellung zustimmte.
Ferner könne der Beschwerde nicht entnommen werden (vgl. § 6 der Geschäftsordnung des Revisionssenates, ABl.Nr. 188/2006), in welchem durch die Kirchenverfassung oder durch kirchliche Gesetze gewährleisteten Recht die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Neubestellung des Vorstandes des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien verletzt worden seien, bzw. in welchem Recht sie durch einen gesetzwidrigen Bescheid oder eine gesetzwidrige Maßnahme des Evangelischen Oberkirchenrates A.B. nach Erschöpfung des Instanzenzuges in einem kirchlichen Verwaltungsverfahren verletzt worden seien. Letztgenanntes sei auch nicht möglich.
Der in Art II Abs 2 der Änderung der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. i.d.F. ABl.Nr. 202/2006 (bzw. in Art. III Abs 2 der Verfügung mit einstweiliger Geltung) festgesetzte Bestellungsvorgang sieht hinsichtlich des Oberkirchenrates A.B. lediglich eine Zustimmung vor. Eine Bestellung des neuen Vorstandes durch den Oberkirchenrat A.B. ist jedoch - entgegen den diesbezüglichen Behauptungen in der Beschwerde - nicht vorgesehen und ist - wie sich aus der vorzitierten Stellungnahme des Vorsitzenden des Synodalausschusses A.B. vom 31. Juli 2006 ergibt - auch nicht erfolgt.
Dieser Bestellungsmodus stellt jedenfalls keine Wahl im Sinne des Art 119 Abs 3 KV dar, weshalb die Beschwerde "gegen die Bestellung eines neuen Vorstandes durch den Oberkirchenrat A.B." auch nicht als Wahlanfechtung gewertet werden kann.
Die erfolgte Zustimmung des Oberkirchenrates A.B. zur neuen Bestellung des Vorstands des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien stellt keinen Bescheid dar, der allenfalls gemäß Art 119 Abs 1 Z 6 KV beim Revisionssenat angefochten werden könnte.
Insoweit jedoch die Zustimmung des Oberkirchenrates eine Maßnahme im Sinne des Art 119 Abs 1 Z 7 KV sein sollte, müssten die Beschwerdeführer nach dieser Bestimmung behaupten, durch die Maßnahme in einem durch die Kirchenverfassung und durch kirchliche Gesetze gewährleisteten Recht verletzt zu sein.
Eine solche Rechtsverletzung vermögen jedoch die Beschwerdeführer nicht darzutun, zumal sie - abgeleitet aus Art 70 Abs 6 KV - Rechte des Schulwerkes, nicht aber sie selbst betreffende subjektive Rechte, die sich allenfalls aus der KV oder anderen kirchlichen Gesetzen ergeben, geltend machen. Weder aus der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. i.d.F. ABl.Nr. 141/2003, noch aus der vorgenannten Änderung der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. aus dem Jahre 2006 ist zu ersehen, dass dem früheren Vorstand des Evangelischen Schulwerkes A.B. ein Recht auf Wiederbestellung - unbeschadet der nunmehr ausdrücklich erwähnten Möglichkeit in § 3 Abs 3 letzter Satz der Ordnung des Evangelischen Schulwerkes A.B. in der novellierten Fassung - zustünde. Ein solches Recht wird auch in der Beschwerde nicht geltend gemacht. Es ist für den Revisionssenat weder aus der KV noch aus anderen kirchlichen Vorschriften zu ersehen, dass den Beschwerdeführern ein subjektives Recht auf Unterbleiben der Zustimmung des Oberkirchenrates A.B. zur Bestellung eines neuen Vorstandes des Evangelischen Schulwerkes A.B. Wien zukäme. Die Existenz eines solchen Rechtes wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.
#Besteht jedoch nicht einmal die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführer durch die in Beschwerde gezogene Maßnahme, so ist die Beschwerde zurückzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
#Wien, am 13. September 2006
Dr. Manfred Vogel e.h.
Präsident