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Kirchengericht:Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B.
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:20.04.2009
Aktenzeichen:R3/2008
Rechtsgrundlage:Art 57 Abs 3 KV, Art 119 Abs 3 KV, Art 10 Abs 8 KV und § 3 Abs 1 WahlO, § 3 Abs 3 WahlO, § 6 Abs 1 WahlO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte: Anfechtung einer Wahl (Art 119 Abs 3 KV), Sonstiges (zB mangelnde Kompetenz des Revisionssenats; Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen), Anwesenheitspflicht des Kandidaten während der Wahl, Wahl zwischen zwei Kandidaten, Wahlen durch die Superintendentialversammlung, Wahlen in die Superintendentialversammlung, Zusammensetzung einer Superintendentialversammlung, passive Wahl während der Sabbatzeit
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Leitsatz:

  1. Die endgültige Entscheidung über die Zusammensetzung einer Superintendentialversammlung (Wahlen in die Versammlung) trifft dieses Gremium selbst. Die Beurteilung der Gültigkeit der Wahlen der Abgeordneten der Superintendentialversammlung fällt daher nicht in die Kompetenz des Revisionssenats (§ 57 Abs 3 KV).
  2. Wahlen durch die Superintendentialversammlung unterliegen der Überprüfungsbefugnis des Revisionssenats (Art 119 Abs 3 KV).
  3. Für den Fall einer Wahl zwischen zwei Wahlanwärtern auf eine zu besetzende Stelle fehlen besondere Bestimmungen in der KV oder WahlO. Es ist daher nach den allgemeinen Regeln des Art 10 Abs 8 KV und § 3 Abs 1 WahlO von zwei Wahlanwärtern nur derjenige gewählt, der mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat.
  4. Diese Bestimmung behandelt nur den Unterfall einer Wahl mit mehr als zwei Wahlanwärtern. Sie gelangt nicht zur Anwendung, wenn zu einem Wahlvorgang zur Besetzung einer Stelle von vornherein nur zwei Wahlanwärter antreten (§ 3 Abs 3 WahlO).
  5. 1) Weder aus der Kirchenverfassung noch aus der Wahlordnung ergibt sich, dass die passive Wahl während einer Sabbatzeit nicht zulässig ist.
    2) Eine Anwesenheitspflicht der passiv zu Wählenden ergibt sich für Wahlanwärter weder aus der Kirchenverfassung noch aus der Wahlordnung (§ 6 Abs 1 WahlO).
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Az: R3/2008
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B. in Österreich hat durch seinen Präsidenten HRdOGH Dr. Manfred Vogel, die rechtskundigen Mitglieder SPdVwGH Dr. Ilona Giendl und Dr. Roland Brenner sowie die zum geistlichen Amt befähigten Mitglieder Rektor Dr. Gerhard Harkam und Pfarrer iR Mag. Michael Seiverth
über die Beschwerde des ***** betreffend die Superintendentialversammlung der Superintendenz ***** vom 22. November 2008,
in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
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Die als „Einspruch Superintendentialversammlung 22. November 2008“ bezeichnete Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Zusammensetzung der Superintendentialversammlung richtet, als unzulässig zurückgewiesen; im übrigen wird sie als unbegründet abgewiesen.
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B e g r ü n d u n g :

Der Beschwerdeführer macht in seiner am 26.11.2008 eingelangten und als „Einspruch Superintendentialversammlung 22.11.2008“ (gemeint: der Superintendenz *****) bezeichneten Beschwerde folgende Umstände geltend:
1. In der den Mitgliedern vor der Sitzung zugegangenen Mitgliederliste sei bei der Pfarre ***** Pfarrer im Schuldienst ***** aufgelistet gewesen, obwohl sich dieser bereits im Ruhestand befinde. Die genannte Pfarre habe deshalb nur zwei aktive Pfarrer bzw Pfarrerinnen und zwei weltliche Vertreter zu entsenden gehabt. Es seien jedoch drei weltliche Vertreter angeführt gewesen, die auch alle anwesend gewesen seien. Daraus ergebe sich die Ungültigkeit sämtlicher Wahlgänge, die bei der nächsten Superintendentialversammlung zu wiederholen seien.
2. Bei der Wahl „Weiteres weltliches Mitglied des Superintendentialausschusses“ sei ein grober Verstoß gegen die Wahlordnung begangen worden. Die erste Wahl zwischen Kurator ***** und Kuratorin ***** habe korrekterweise keine Mehrheit ergeben. Es habe sodann eine engere Wahl stattgefunden, für die § 5 Wahlordnung gelte. Bei der engeren Wahl habe Kurator ***** mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten und wäre somit gewählt. Superintendentialkuratorin ***** habe jedoch die Wahl abgebrochen und auf die nächste Superintendentialversammlung vertagt.
3. In der den Mitgliedern vor der Sitzung zugegangenen Mitgliederliste sei Pfarrer ***** nicht angeführt und sei somit kein Mitglied. Ein „Nichtmitglied“ der Superintendentialversammlung könne nicht zum geistlichen Synodalen gewählt werden.
4. Bei der Wahl „Geistliches Mitglied des Nominierungsausschusses“ sei Pfarrerin ***** vorgeschlagen worden. Sie sei aber noch nicht amtseingeführt und nicht in der den Mitgliedern vor der Sitzung zugegangenen Mitgliederliste enthalten. Somit könne sie in keine Funktionen und Ausschüsse gewählt werden.
5. Zur Wahl „Senior/Seniorin“ sei Mag. ***** als Kandidatin vorgeschlagen worden, die sich noch bis 31.08.2009 im Sabbatical befinde. Wer sich im Sabbatical befinde, sei nicht aktiv im Dienst und damit auch nicht in Funktionen und Ausschüsse wählbar.
6. Es sei klärungsbedürftig, ob nicht anwesende Personen überhaupt wählbar seien.
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Der Revisionssenat hat über den Einspruch erwogen:
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I. Zur Unzulässigkeit
Der Aufgabenbereich des Revisionssenates ist in Artikel 119 der Verfassung der Evangelischen Kirche A. und H.B. in Österreich (KV) geregelt. So erkennt der Revisionssenat ua gemäß Art 119 Abs 3 KV über die Anfechtung einer Wahl.
Nicht unter diese Überprüfungskompetenz des Revisionssenats fällt aber die Beurteilung der Gültigkeit der Wahlen der Abgeordneten der Superintendentialversammlung. Gemäß § 57 Abs 3 KV hat nämlich die Superintendentialversammlung vor Beginn der Verhandlungen die Gültigkeit der Wahlen der Abgeordneten auf Grund der Wahlberichte zu prüfen und im Zweifelsfalle darüber endgültig zu entscheiden.
Die Bestimmung des § 57 Abs 3 KV ist somit auf Grund ihres eindeutigen Wortlauts als Sonderregelung (lex specialis) dahin zu verstehen, dass die endgültige Entscheidung über die Zusammensetzung einer Superintendentialversammlung dieses Gremium selbst trifft.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Zusammensetzung der Superintendentialversammlung (Wahlen in die Superindendentialversammlung) richtet (Punkte 1 und 3), ist sie deshalb unzulässig.
Nur der Vollständigkeit halber ist auf folgende Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu verweisen:
Nach der dem Revisionssenat vorliegenden Mitteilung des Stadtschulrates vom 6.11.2008 ist *****, Pfarrer im Schuldienst, erst mit 30.11.2008 in den Ruhestand getreten und war somit als Mitglied der Superintendentialversammlung am 22.11.2008 zu führen. Aus Krankheitsgründen war Pfarrer ***** für diese Sitzung entschuldigt, somit hatte die Pfarrgemeinde ***** analog zu den drei besetzten Pfarrstellen auch drei weltliche stimmberechtigte Vertreter zu entsenden.
Pfarrer ***** wurde als Anstaltsseelsorger auf Seite 3 der dem Revisionssenat vorgelegten Liste der Mitglieder der Superintendentialversammlung für den 22.11.2008 angeführt. Er war somit Mitglied der Superintendentialversammlung.
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II. Zur Unbegründetheit
Die weiteren Beschwerdepunkte richten sich gegen Wahlvorgänge im Verlauf der Superintendentialversammlung (Wahlen durch die Superintendentialversammlung). Insoweit ist eine Überprüfungsbefugnis des Revisionssenats gegeben (Art 119 Abs 3 KV) und der Beschwerdeführer als wahlberechtigtes Mitglied der Superintendentialversammlung zur Anfechtung befugt (§ 121 Abs 1 Z 5 KV). Die Beschwerde ist insoweit aber nicht berechtigt, weil keine Anfechtungsgründe (§ 6 Wahlordnung) vorliegen.
zu 2.: Wahl eines weiteren weltlichen Mitglieds in den Superintendentialausschuss
Für Wahlen der Superintendentialversammlung gelten - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - die Bestimmungen der Wahlordnung (§ 59 Abs 2 KV). Gemäß Art 10 Abs 8 KV und § 3 Abs 1 Wahlordnung ist ein Wahlanwärter - soweit in der KV oder Wahlordnung ausnahmesweise nicht anderes bestimmt ist - nur dann gewählt, wenn er mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat.
Wie sich aus dem Protokoll der Superintendentialversammlung vom 22. 11. 2008, Top 8.2, ergibt, traten die beiden Wahlanwärter in zwei Wahlgängen an, in denen keiner von beiden mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erzielte. Die Wahl wurde daraufhin vertagt.
Beim zweiten Wahlgang handelte es sich nicht um eine „engere Wahl“ im Sinne des § 5 Wahlordnung, sondern um einen zweiten Wahlgang. Der Beschwerdeführer hält diesen Vorgang zu Unrecht für unzulässig.
Für den Fall einer Wahl zwischen zwei Wahlanwärtern auf eine zu besetzende Stelle fehlen besondere Bestimmungen in der KV oder Wahlordnung. Es ist daher nach den allgemeinen Regeln des Art 10 Abs 8 KV und § 3 Abs 1 Wahlordnung von zwei Wahlanwärtern nur derjenige gewählt, der mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat.
Eine engere Wahl hat gem § 3 Abs 3 Wahlordnung stattzufinden, wenn keiner der Wahlanwärter mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhält. In diesem Fall hat - abgesehen von hier nicht gegebenen Ausnahmen - „zwischen jenen zwei Wahlanwärtern, die verhältnismäßig die meisten Stimmen erhalten haben, eine engere Wahl stattzufinden“. Diese Bestimmung behandelt demnach nur den Unterfall einer Wahl mit mehr als zwei Wahlanwärtern. Ein solcher Sachverhalt lag beim hier zu beurteilenden Wahlvorgang aber nicht vor. Treten zu einem Wahlvorgang zur Besetzung einer Stelle von vornherein nur zwei Wahlanwärter an, kann § 5 Wahlordnung nicht zur Anwendung gelangen, weil keine Einschränkung von mehreren Wahlanwärtern auf sodann zwei Wahlanwärtern als „engere Wahl“ möglich ist.
Weder die Kirchenverfassung noch die Wahlordnung verbieten, dass ein zweiter Wahlgang durchgeführt wird, wenn im ersten Wahlgang keiner von zwei Kandidaten die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Der Wahlvorgang ist demnach insgesamt nicht zu beanstanden.
zu 4.: Wahl eines geistlichen Mitglieds des Nominierungsausschusses
Nach § 24 (4) Ordnung des Geistlichen Amtes kommt der Amtseinführung keine konstitutive Wirkung zu. Wer zu einem Amt bestellt wurde, hat dieses Amt demnach bereits mit der Bestellung inne. Die Bestellung von Pfarrerin ***** erfolgte mit 1. 10. 2008, sie war somit Mitglied der Superintendentialversammlung. Sie ist als Anstaltsseelsorgerin auf Seite 3 der Liste der Mitglieder angeführt und war somit in die betreffende Funktion wählbar.
zu 5: Wahl einer Seniorin
Weder aus der Kirchenverfassung noch aus der Wahlordnung ergibt sich, dass die passive Wahl während einer Sabbatzeit nicht zulässig ist. Wie im Amtsblatt 12. Stück, vom 23. Dezember 2008 Nr. 238 veröffentlich, wird die gewählte Seniorin ihr Amt „auf Grund ihrer Sabbatzeit mit 1. September 2009 antreten“.
zu 6: Wahl einer nicht anwesenden Person
In diesem Punkt macht der Beschwerdeführer keine konkrete Beschwerde geltend, sondern ersucht um eine Rechtsauskunft. Eine Anwesenheitspflicht der passiv zu Wählenden ergibt sich für Wahlanwärter weder aus der Kirchenverfassung noch aus der Wahlordnung.
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Die unzulässige bzw offensichtlich unbegründete Beschwerde war ohne mündliche Verhandlung zu erledigen (Art 44 Abs 6 und 7 Kirchliche Verfahrensordnung iVm § 10 Abs 3 Geschäftsordnung des Revisionssenats).
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Wien, am 20. April 2009
Dr. Manfred Vogel e.h.
Präsident