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Kirchengericht:Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B.
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:13.11.2015
Aktenzeichen:R8/2015
Rechtsgrundlage:§ 26 Abs 2 KVO und § 39 Abs 1 Z 3 KVO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte: Sonstiges (zB mangelnde Kompetenz des Revisionssenats; Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen), Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens
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Leitsatz:

Eine Entscheidung des Disziplinarobersenats ist keine Vorfrage iSd § 26 Abs 2 KVO in einem Verfahren nach § 16 Abs 3 OdgA. (§ 39 Abs 1 Z 3 KVO)
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Az: R8/2015
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B. hat unter dem Vorsitz seines Präsidenten SPdOGH Dr. Manfred Vogel, der rechtskundigen Mitglieder SPdVwGH i.R. Dr. Ilona Giendl und Präsident des LG.i.R. Dr. Hans-Peter Kirchgatterer sowie der zum geistlichen Amt befähigten Mitglieder Pfarrer i.R. Mag. Norbert Engele und Rektorin Mag. Johanna Uljas-Lutz im Verfahren des Antragstellers Mag. *****, *****, *****, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in Bregenz, wegen „Wiederaufnahme des Verfahrens“, den
Beschluss
gefasst:
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1. Die Anträge des Mag. ***** vom 24.9.2015 und 30.10.2015 auf Wiederaufnahme der Verfahren betreffend seine Versetzung in den Wartestand und auf Zustimmung des Personalsenates zur Versetzung in den Wartestand werden abgewiesen.
2. Die Anträge des Mag. ***** vom 24.9.2015 und 30.10.2015 auf Wiederaufnahme der Verfahren zur Suspendierung, zur Beendigung des Dienstverhältnisses und zur Untersagung der Verwendung der Dienstwohnung werden mangels Zuständigkeit des Revisionssenates dem Evangelischen Oberkirchenrat H.B. zur weiteren Behandlung zurückgestellt.
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B e g r ü n d u n g :

A)
Der Antragsteller beantragt in zwei an den Evangelischen Oberkirchenrat H.B. und an den Personalsenat der Evangelischen Kirche H.B. gerichteten Schriftsätzen, folgende Verfahren wieder aufzunehmen:
a) Verfahren zur Suspendierung
b) Verfahren zur Beendigung des Dienstverhältnisses des Antragstellers
c) Verfahren zur Untersagung der Verwendung der Dienstwohnung durch den Antragsteller
d) Verfahren auf Zustimmung des Personalsenats zur Versetzung in den Wartestand
e) Verfahren zur Versetzung in den Wartestand
Darüber hinaus wird beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Der Antragsteller habe mehrfach erfolglos die Fortsetzung des gegen ihn laufenden Disziplinarverfahrens beantragt. In den gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahren sei einerseits ein Teilfreispruch der Disziplinaroberbehörde erfolgt, andererseits werde der bislang unerledigte Verfahrensteil nicht fortgesetzt, und es sei seitens der Evangelischen Kirche H.B. die Erklärung abgegeben worden, dass der Disziplinaranwalt mitteilen werde, dass das Disziplinarverfahren beendet sei. Nach den Regeln der Evangelischen Kirche könne ein Pfarrer seines Amtes nur durch ein Disziplinarerkenntnis verlustig gehen. Im Hinblick auf den gänzlichen Freispruch des Antragstellers im Disziplinarverfahren und der Nichtfortsetzung desselben hinsichtlich offener Punkte habe der Antragsteller daher als unschuldig zu gelten, und damit sei auch seine Versetzung in den Wartestand rückgängig zu machen.
Der Evangelische Oberkirchenrat H.B. hat die Schriftsätze an den Revisionssenat weitergeleitet.
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B)
Zur Zuständigkeit:
1.
Nach § 39 Absatz 4 Kirchliche Verfahrensordnung (KVO) steht dem Organ die Entscheidung über die Wiederaufnahme zu, das den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.
Der Revisionssenat hat mit Erkenntnis vom 9.9.2011 der Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Personalsenates der Evangelischen Kirche A. und H.B. vom 11.5.2011, zugestellt am 7.7.2011, mit welchem dieser die Zustimmung zur Versetzung des Antragstellers in den Wartestand erteilt hat, als unbegründet abgewiesen (R6/2011).
Mit Erkenntnis vom 14.12.2011 hat der Revisionssenat die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid vom 9.9.2011, mit welchem der Evangelische Oberkirchenrat H.B. den Antragsteller in den Wartestand versetzt hat, ebenfalls als unbegründet abgewiesen (R7/2011).
Hinsichtlich der Wiederaufnahmsanträge zu diesen Verfahren ist die Zuständigkeit des Revisionssenates somit gegeben.
2.
Die Suspendierung des Antragstellers durch Beschluss des Oberkirchenrates H.B. ist eine vorläufige Maßnahme, die in einem Verfahren gemäß § 58 Abs 1 Disziplinarordnung ausgesprochen wurde. Angelegenheiten nach der Disziplinarordnung unterliegen nicht der KVO (§ 15 Absatz 2 KVO). In Disziplinarsachen hat der Revisionssenat keine Zuständigkeit (Artikel 119 Absatz 4 Kirchenverfassung - siehe schon R2/2014).
Betreffend die Verfahren zur Suspendierung und zur Beendigung des Dienstverhältnisses des Antragstellers sowie zur Untersagung der Verwendung der Dienstwohnung durch den Antragsteller liegen keine Entscheidungen des Revisionssenates vor, sodass in diesen Angelegenheiten auch keine Zuständigkeit des Revisionssenates für eine Wiederaufnahme der Verfahren besteht.
Die diese Verfahren betreffenden Anträge sind daher an den Evangelischen Oberkirchenrat H.B. zur weiteren Behandlung zurückzustellen.
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C)
Die Wiederaufnahmsanträge betreffend die mit Erkenntnissen des Revisionssenates vom 9.9.2011 (R6/2011) und 14.12.2011 (R7/2011) beendeten Verfahren sind unbegründet.
Die Wiederaufnahme dieser Verfahren wird vom Antragsteller damit begründet, dass im Disziplinarverfahren zum einen ein Freispruch des Antragstellers erfolgt sei und zum anderen das Disziplinarverfahren hinsichtlich der offenen Punkte nicht fortgesetzt werde. Damit werden keine tauglichen Wiederaufnahmsgründe aufgezeigt.
Der Revisionssenat hat schon in seinem Erkenntnis R2/2013, in welchem dem Antragsteller die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Personalsenat der Evangelischen Kirche A. und H.B., P1748 verweigert wurde, darauf hingewiesen, dass zwischen Disziplinarverfahren und Verfahren nach § 16 Abs 3 Ordnung des geistlichen Amtes (OdgA) kein identer Entscheidungsgegenstand besteht und eine Entscheidung nach dieser Bestimmung nicht von Vorfragen im Sinne des § 26 Absatz 2 KVO abhängt, die Gegenstand eines Disziplinarverfahrens sind.
Im Verfahren R1/2014, in welchem über einen Wiederaufnahmeantrag des Antragstellers betreffend seine Versetzung in den Wartestand zu entscheiden war, wurde der Antragsteller erneut auf diese Rechtslage verwiesen.
Das – einzige neue – Argument des Antragstellers in seinen nunmehrigen Anträgen, wonach nach den Regeln der Evangelischen Kirche ein Pfarrer nur durch ein Disziplinarerkenntnis seines Amtes verlustig gehen könne, überzeugt schon deshalb nicht, weil es die hier zur Anwendung gekommenen Bestimmungen der §§ 16 Absatz 1 und 3, Ziffer 1 und 18 OdgA übersieht.
Die somit offensichtlich unbegründeten Wiederaufnahmsanträge waren daher ohne mündliche Verhandlung abzuweisen (§ 44 Abs 6 und 7 KVO).
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Wien, am 13. November 2015
Dr. Manfred Vogel e.h.
Präsident