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Kirchengericht:Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B.
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:31.05.2011
Aktenzeichen:R2/2011
Rechtsgrundlage:Art 119 KV, § 17 Abs 5 OdgA
Vorinstanzen:keine
Schlagworte: Beschwerde gegen Bescheide und Maßnahmen wegen Gesetzwidrigkeit oder Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers (Art 119 Abs 1 Z 6 u. 7 u. 10 KV; Art 119 Abs 2 zweiter Fall KV), Sonstiges (zB mangelnde Kompetenz des Revisionssenats; Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen), Kompetenz, Personalsenat, Untersagung von Handlungen, verfahrensleitende Maßnahme
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Leitsatz:

Eine Zusammenschau von Art 119 KV und § 17 Abs 5 OdgA lässt erkennen, dass der Revisionssenat kein allgemeines Aufsichtsrecht über den Personalsenat und die von diesem geführten Verfahren besitzt.
Parteien eines vom Personalsenat geführten Verfahrens können zwar einen vom Personalsenat erlassenen Bescheid anfechten, nicht aber einzelne verfahrensleitende Maßnahmen im Zuge eines solchen Verfahrens.
Ob das Verfahren vor dem Personalsenat nichtig ist und ob der verfahrenseinleitende Antrag unzulässig und deshalb die Einstellung des Verfahrens geboten ist, ist während laufenden Verfahrens einer Überprüfung durch den Revisionssenat entzogen.
Eine Kompetenz des Revisionssenats, dem Personalsenat während laufenden Verfahrens Handlungen zu untersagen, die die Ausübung des Amtes des Beschwerdeführers beeinträchtigen, oder solche Handlungen zu beheben, besteht nicht.
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Az: R2/2011
Der Revisionssenat der Evangelischen Kirche A. und H.B. in Österreich hat unter dem Vorsitz seines Präsidenten HRdOHG Dr. Manfred Vogel, der rechtskundigen Mitglieder SPdVwGH i.R. Dr. Ilona Giendl und Präsident dLG i.R. Dr. Hans-Peter Kirchgatterer sowie der zum geistlichen Amt befähigten Mitglieder Pfarrer Dr. Gerhard Harkam und Pfarrer Mag. Beowulf Moser im Besein von Daniela Trümpy als Schriftführerin über die Beschwerde des Pfarrers Mag. *****, *****, *****, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die nicht gehörige Zusammensetzung des Personalsenats vom 1.4.2011
in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
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Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
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B e g r ü n d u n g :

Die auf Art 119 Abs 8 Kirchenverfassung – KV (gemeint wohl: Art 119 Abs 1 Z 7 Kirchenverfassung) gestützte Beschwerde vom 29.4.2011 richtet sich gegen die nicht gehörige Zusammensetzung des Personalsenats vom 1.4.2011 mit den Anträgen,
  1. die am 1.4.2011 durchgeführte Verhandlung des Personalsenats wegen nicht gehöriger Zusammensetzung und Verletzung von Verfahrensvorschriften für nichtig zu erklären;
  2. den am 3.1.2011 gestellten Antrag des OKR H.B. als unzulässig zurückzuweisen und die Einstellung des Verfahrens zu verfügen;
  3. in Anwendung der Kirchenverfassung jegliche Handlungen, die die Ausübung des Amtes des Pfarrers der Evangelischen Pfarrgemeinde ***** beeinträchtigen, zu untersagen oder sonst zu beheben.
Der Beschwerdeführer ist in seiner Eigenschaft als Pfarrer in ***** Partei eines Verfahrens, das vor dem Personalsenat (§ 17 Ordnung des geistlichen Amtes – OdgA) geführt wird. Er macht geltend, in diesem Verfahren durch Verletzung der kirchlichen Verfahrensordnung (§§ 15, 28 Kirchliche Verfahrensordnung – KVO) sowie der Kirchenverfassung in seinen Rechten, insbesondere dem Recht auf den gesetzlichen Richter, verletzt worden zu sein. Der Personalsenat sei unrichtig besetzt, weil ein von der VEPPÖ (einer freiwilligen Berufsvereinigung iSd § 83 OdgA) entsandter Beisitzer entgegen § 17 Abs 3 OdgA nicht dieser freiwilligen Berufsvereinigung angehöre, sondern Rechtsanwalt sei; dies mache das Verfahren vor dem Personalsenat nichtig. Auch seien nach der Verfahrensordnung unzulässige Fragen gestellt und entgegen § 28 KVO geistliche Amtsträger über Umstände befragt worden, die ihnen unter dem Siegel der geistlichen Amtsverschwiegenheit anvertraut worden seien. Das angefertigte Protokoll habe nicht den Vorschriften der KVO entsprochen. Überdies falle der Gegenstand der Verhandlung (Versetzung des Beschwerdeführers in den Wartestand) nicht in die Zuständigkeit des Personalsenats; Gleiches gelte für Angelegenheiten, die der Disziplinarordnung unterlägen (§ 15 Abs 2 KVO).
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Die Beschwerde ist unzulässig.
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Art 119 der Kirchenverfassung regelt den Aufgabenbereich des Revisionssenates abschließend. Dazu zählt ua die Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide und Maßnahmen, soweit der Beschwerdeführer behauptet, durch den Bescheid oder die Maßnahme in einem durch die Kirchenverfassung und kirchliche Gesetze gewährleisteten Recht verletzt zu sein.
Der Personalsenat (§ 17 OdgA) tritt zusammen und verfährt nach der Kirchlichen Verfahrensordnung in einem nichtöffentlichen Verfahren. Die Entscheidung des Personalsenates ergeht als Bescheid, der vor dem Revisionssenat angefochten werden kann (§ 17 Abs 5 OdgA).
Eine Zusammenschau von Art 119 KV und § 17 Abs 5 OdgA lässt erkennen, dass der Revisionssenat kein allgemeines Aufsichtsrecht über den Personalsenat und die von diesem geführten Verfahren besitzt. Parteien eines vom Personalsenat geführten Verfahrens können damit zwar einen vom Personalsenat erlassenen Bescheid anfechten, nicht aber einzelne verfahrensleitende Maßnahmen im Zuge eines solchen Verfahrens (vgl auch § 35 Abs 2 KVO, wonach im Verfahren nach der KVO nur das Verfahren betreffende Anordnungen nicht gesondert anfechtbar sind).
Die vom Beschwerdeführer behaupteten Verstöße des Personalsenats gegen kirchliche Rechtsvorschriften betreffen einzelne verfahrensleitende Maßnahmen des Verfahrens, dessen Partei er ist. Sie können deshalb nach der aufgezeigten Rechtslage nicht mit abgesonderter Bescheidbeschwerde, sondern erst als Verfahrensmangel in einer allfälligen Beschwerde gegen eine verfahrensbeendende Entscheidung des Personalsenats geltend gemacht werden.
Ob das Verfahren vor dem Personalsenat nichtig ist (Punkt 1. des Beschwerdeantrags) und ob der verfahrenseinleitende Antrag unzulässig und deshalb die Einstellung des Verfahrens geboten ist (Punkt 2. des Beschwerdeantrags), ist während laufenden Verfahrens einer Überprüfung durch den Revisionssenat entzogen.
Eine Kompetenz des Revisionssenats, dem Personalsenat während laufenden Verfahrens Handlungen zu untersagen, die die Ausübung des Amtes des Beschwerdeführers beeinträchtigen, oder solche Handlungen zu beheben (Punkt 3. des Beschwerdeantrags), besteht nicht.
Mangels kirchengesetzlicher Grundlage ist der vorliegende Antrag daher unzulässig. Er war gem § 10 Abs 3 der Geschäftsordnung des Revisionssenats iVm § 44 Abs 6 KVO in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
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Wien, am 31. 5. 2011
HRdOGH Dr. Manfred Vogel
Präsident